Young World - Die Clans von New York

Autor: Chris Weitz
übersetzt von Katharina Orgaß und Gerald Jung
ab 14 Jahren

Buchcover

Christopher Weitz wurde 1969 in New York geboren und studierte Englische Literatur in Cambridge, England. Mittlerweile arbeitet er in der Filmbrache und ist erfolgreicher Drehbuchautor, Regisseur und Produzent. Bekannt wurde er vor allem als Regisseur von „Der Goldene Kompass“ und „New Moon – Bis(s) zur Mittagsstunde“. Mit „Young World – Die Clans von New York“ veröffentlicht Weitz seinen ersten Roman.

Die Geschichte von „Young World“ spielt in unserer heutigen Welt, wie wir sie kennen – mit einem entscheidenden Unterschied: Eine geheimnisvolle Krankheit hat alle Erwachsenen und Kleinkinder getötet. Nur die Teenager haben überlebt. Das hatte natürlich fatale Folgen: Innerhalb kürzester Zeit wurde ein Großteil der Weltbevölkerung getötet, Infrastrukturen und gesellschaftliche Ordnung sind zusammengebrochen. Das bedeutet es gibt weder fließendes Wasser, noch irgendeine Art von Regierung oder Organisation. In New York, wo „Young World“ spielt, haben sich die Jugendlichen zu verschiedenen Clans zusammengerottet, um ihr Überleben zu sichern. Gemeinsam plündern sie Geschäfte, verteidigen ihr Territorium und versuchen Gemüse anzubauen um sich zu ernähren. Jefferson und Donna gehören beide zum „Washington Square Clan“, Jefferson ist seit Kurzem sein Anführer und Donna kümmert sich um die medizinische Versorgung der Gruppe. Als Brainbox, sozusagen das Gehirn ihres Clans, glaubt, in der Bibliothek Hinweise zur Heilung der geheimnisvollen Krankheit finden zu können, machen sich Jefferson, Donna und Brainbox auf den Weg: Ausgerüstet mit Waffen und Proviant verlassen sie ihr sicheres Territorium. Dabei begeben sie sich in große Gefahr. Doch was bedeutet das eigene Leben schon, wenn man die Chance hat, die Menschheit zu retten?

Das Szenario in „Young World“ erscheint zunächst extrem an den Haaren herbeigezogen und sehr unrealistisch, sodass es mir anfangs schwer gefallen ist, mich auf die Handlung einzulassen. Sobald man jedoch die präsentierten Umstände als gegeben hinnimmt, beginnt die Geschichte sich zu entwickeln und Spaß zu machen. Erzählt wird aus zwei verschiedenen Perspektiven: Jefferson und Donna wechseln sich ab, und ja, natürlich verlieben sie sich ineinander. Viel spannender als die obligatorische Liebesgeschichte ist jedoch der Umgang der Jugendlichen mit der Apokalypse. Denn sie reagieren anders als man es vielleicht erwarten würde: Vor allem Donna reflektiert häufig ihr Handeln vor und nach der Apokalypse. Sie beschreibt, wie sich die Werte der Überlebenden verändert haben. Da es keine flächendeckende Stromversorgung mehr gibt, gibt es natürlich auch kein Internet mehr, was das Leben der Jugendlichen radikal verändert. Es bedeutet für sie den Verlust des globalen Gedächtnisses, das sie immer für sicher und selbstverständlich gehalten hatten. Es bedeutet aber auch eine Rückkehr zu analogen Dingen: Plötzlich sind reale Fotos von verstorbenen Familienmitgliedern von unschätzbarem Wert und Bücher sind die einzige Möglichkeit, der tristen Realität für eine Weile zu entkommen.

Sobald man erkennt, dass die Apokalypse der Welt für Weitz nur die Leinwand ist, auf die er seine Konsumkritik projizieren kann, fällt es leichter, über logische Schwächen der Handlung hinweg  zu sehen. Auf einmal erkennt man sich selbst in Donna, Jefferson und all den anderen wieder. Wären wir nicht alle verloren, wenn wir ab morgen ohne Google zurechtkommen müssten? Das Internet ist für uns alle eine Selbstverständlichkeit geworden. Das ist nicht schlecht oder schlimm, doch das Ausmaß unserer Abhängigkeit ist vielen von uns nicht im Geringsten bewusst.

Wann immer die Protagonisten in „Young World“ über die Krankheit sprechen, sagen sie nur „Das Was Passiert Ist“. Dieser Ausdruck mag auf Englisch gut klingen, und als Eigenname gut funktionieren, durch die Übersetzung ins Deutsche wirkt er jedoch sperrig und stört beim Lesen eher.

Insgesamt ist das Buch angenehm zu lesen, die Handlung ist fesselnd und lässt sich gut verfolgen. Aktionsreiche und ruhigere Abschnitte wechseln sich ab. Teilweise sind Kämpfe sehr brutal geschildert, was mir persönlich weniger gefallen hat. Es fällt außerdem auf, dass sich das Buch sehr leicht in einen Film umsetzen lassen würde, was nicht überraschend ist, da Weitz ja ursprünglich selbst aus diesem Bereich kommt. Mit „Young World“ hat er ein interessantes Erstlingswerk geschaffen, das einerseits unterhält und andererseits zum Denken anregt.

*Erschienen bei dtv*

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Autorin / Autor: lacrima - Stand: 30. November 2015