Wörter auf Papier

Autor: Vince Vawter
übersetzt von Ingo Herzke
ab 12 Jahren

Buchcover

„Wörter auf Papier“ ist das erste Buch des Autors Vince Vawter. Bisher hat der gebürtige US-Amerikaner als Redakteur und Herausgeber verschiedener Zeitungen gearbeitet. Er bezeichnet sich selbst als „Stotter-Experte“ und greift mit diesem Jugendbuch ein Thema auf, das spätestens seit dem Erfolg des Kinofilms „The King’s Speech“ in der Öffentlichkeit immer mehr Beachtung findet.

Victor ist elf Jahre alt. Er lebt im Mephis der 1950er Jahre. Seine Eltern entstammen der oberen Mittelschicht und beschäftigen eine dunkelhäutige Haushälterin, ihr Name ist Mam. Mam ist Victors beste Freundin. Sie kümmert sich um ihn, kocht für ihn und übt mit ihm, zu sprechen. Sprechen ist nämlich das Schwierigste überhaupt für Victor. Er stottert und schafft es kaum, einen einzigen Satz zu sagen ohne hängen zu bleiben. Deshalb mag er Fremde nicht besonders, vor allem Erwachsene. Die Wenigsten verstehen sein Problem, meist wird Victor deshalb behandelt wie ein Kleinkind. Als sein bester Freund Art für vier Wochen auf die Farm seiner Großeltern fährt, darf Victor dessen Nebenjob übernehmen: Er darf in seiner Nachbarschaft den Memphis Press-Scimitar verteilen. Die täglichen Touren sind für ihn kein Problem, auch das zielgenaue Werfen der Zeitung auf die Veranden der Kunden zu werfen fällt ihm nicht schwer, denn er ist der wahrscheinlich beste Pitcher Memphis‘. Das einzige, was ihm Sorgen macht, ist das Einsammeln des Geldes jeden Freitag: Dafür wird Victor mit fremden Erwachsenen sprechen müssen, was ihm schwerfällt. So kommt es, dass er sich einer neuen Herausforderung stellen muss, bei der er viele interessante Leute kennen lernt: Da ist der Junge, der immer ganz nah vor dem lautlosen Fernseher sitzt, und in den Bilder zu versinken scheint. Oder Mrs Worthington, die ihre Lippen rot anmalt, nach Whiskey riecht und Victor immer „Süßer“ nennt. Und dann ist da noch Mr Spiro, dessen Haus voller Bücher ist, und der Victor ganz normal behandelt, gerne mit ihm spricht und so viele intelligente Dinge weiß.

Da der Autor viele eigenen Erfahrungen mit dem Stottern und dessen Folgen in das Buch einbringt, wirken Victors Erfahrungen sehr authentisch. Er ist ein aufgeweckter Junge, der gerne viele Fragen stellen würde, sich meistens jedoch nicht traut. Seine Sicht der Dinge ist kindlich, teilweise naiv, und doch realistisch dargestellt. Die Welt, in der der 11-Jährige lebt ist geprägt von der Suche nach seiner Stimme, der Hilflosigkeit seiner Eltern und den Auswirkungen der bestehenden Rassentrennung zu dieser Zeit. Auf liebe- und verständnisvolle Weise gelingt es dem Autor, uns die Wünsche und Träume, aber auch die Probleme des jungen Zeitungsausträgers nahe zu bringen. Ein durchaus lesenswertes Buch, das Einblick in ein ungewöhnliches Leben gibt, ohne Vorwürfe zu machen oder unnötigerweise Mitleid erregen zu wollen.

*Erschienen bei Königskinder*

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Autorin / Autor: lacrima - Stand: 19. Dezember 2014