Unsichtbare Wunden

Autorin: Astrid Frank

Buchcover

Anna Martin ist eine beneidenswerter Teenager. Sie ist hübsch, schlau, aufmerksam, fröhlich und äußerst nett. So kommt es, dass das pferdevernarrte Mädchen trotz ihrer Freundschaft mit Anton, dem Loser der Klasse, allseits beliebt ist. Außerdem hat Anna in ihrer besten Freundin Manu ihre Seelenverwandte gefunden, die mit ihr durch Dick und Dünn geht.
Doch mit der Ankunft der neuen Klassenkameradin Nina fängt alles an sich zu verändern. Nina bringt ordentlich Unruhe in Annas nahezu perfektes Leben. Nach und nach spannt sie ihr Manu aus und macht Anna immer mehr zur ungewollten Außenseiterin. Was mit gelegentlichen Sticheleien anfängt, wird bald zur alltäglichen, willkürlichen Qual. Schon bald heißt es „alle gegen Anna“, denn egal wie sie sich verhält, es scheint immer falsch zu sein. Das alleingelassene Mädchen hasst sich zunehmend und wünscht sich letztendlich nichts sehnlicher als zu sterben. Und dieser Wunsch geht - leider - in Erfüllung.

Der Roman fesselt den Leser von der ersten bis zur letzten Seite. Das Thema „Mobbing“ wird dabei geschickt in die Erzählungen aus zweierlei Perspektiven eingeflochten. Zum einen Annas Sicht, die in ihrem Tagebuch von den täglichen Strapazen in der Schule, welche dank der sozialen Medien wie WhatsApp zunehmend auch bei ihr Zuhause nicht mehr aufhören, erzählt. Zum anderen die Sicht ihres Vaters, der nicht nur Selbstzweifel und Schuldgefühle entwickelt, sondern auch für Gerechtigkeit im Fall des tragischen Tods seiner Tochter sorgen möchte. Somit gewinnt man sowohl Einblicke in das Innenleben der gemobbten Anna, als auch in die Gefühle des einzigen Angehörigen. Der natürliche, direkte Schreibstil der Autorin lässt den Leser dabei den Hass der Mitschüler und die pure Verzweiflung und Unsicherheit Annas mehr als deutlich spüren. Auch das ungerechte Fehlverhalten seitens der Lehrerin bleibt nicht unerwähnt und man fragt schnell, wie so ein inkompetenter Mensch Pädagoge werden konnte. Das geballte Gefühl an Unerwünschtheit und Hass treiben die einst so fröhlich Anna schließlich in den Selbstmord.

Mich persönlich hat das Buch zutiefst getroffen und meine Emotionen hochkochen lassen. Wut, Trauer, Ungläubigkeit, Ärger, Verständnislosigkeit, der Wunsch zu helfen, Leere. Zwei Menschen schaffen es, eine große Gruppe hinter sich zu bringen und ein unschuldiges Mädchen in ihrer permanenten Angst in den Tod zu treiben. All das ist nicht nur Fiktion, sondern Realität. Und dieser Realismus ist extrem traurig. „Unsichtbare Wunden“ schafft es auf eine raffinierte Weise den Leser dazu anzuregen über all den Wahnsinn rund um Mobbing nachzudenken und mit dem Opfer mitzufühlen. Es ist ein Buch, das ich allen empfehlen kann und auch gerne ein zweites Mal lesen werde.


*Erschienen bei Urachhaus Verlag*

    Deine Meinung zu diesem Buch?

    Autorin / Autor: Ela - Stand: 2. Mai 2016