Der Schlüsselträger und die grauen Könige

Autor: Marco Kunst

Buchcover Der Schlüsselträger und die grauen Könige

„Als würde durch die Angst, dass wir irgendwann sterben müssen, unsere Seele beseelt“, dieses Zitat steht zwar fast am Ende des Romans, doch es fasst den Inhalt des Buches (ohne an dieser Stelle zu viel verraten zu wollen) sehr gut zusammen. In der Geschichte geht es um Timeo, der mit seinem Vater in einer Holzfällerhütte im Wald vor den Toren der Stadt wohnt. Als er eines Tages Manou im Wald sucht, die wiederum ihren verschollenen Vater sucht, wendet sich sein Leben von dem einen auf den anderen Tag. Manous Vater nämlich wurde, wie viele andere Bewohner von Myr, vom Gräul versteinert. Der Gräul hat eine magische Wicke wachsen lassen, die Mensch und Tier versteinert. Nur der König kann dem Spuk ein Ende machen – wenn er sich selbst opfert. Vor vielen Jahren schon hat er dem Wald seine Seele geschenkt, um ihn gnädig zu stimmen. Seither regiert er freudlos als Schatten seiner selbst. Auch seinen Vorgängern erging es nicht anders. Erwacht der Gräul erneut, muss der König sterben. Sein Nachfolger soll dann die eigene Seele opfern, um Myr ein paar Jahre der Ruhe zu schenken. Doch kurz bevor der König die Forte zum Tod durchschreiten will, erfährt Timeo von den geheimen Machenschaften des Sachverwalters in Myr. Jetzt liegt es an dem Jungen und seiner Freundin die Stadt zu retten.

Endlich mal ein Fantasybuch, in dem weder Vampire vorkommen, noch Helden, die sich auf eine lange gefahrenvolle Reise begeben. Die Handlung spielt nur in Myr und den umliegenden Feldern und Wäldern. Trotzdem wird dem Leser, dank eindrucksvoll beschriebener Handlungsorte, nicht langweilig. Autor Marco Kunst zeigt also, es ist möglich, ein interessantes Fantasy-Buch zu schreiben, ohne auf alle bewährten Muster zurückzugreifen. Natürlich kommt den Lesern auch einiges bekannt vor. So ist die Hauptperson, wie könnte es auch anders sein, ein mittelloser, verbannter Junge, der zum Schluss Ruhm erlangt. Gelungen ist allerdings, dass Timeo nicht der einzige Protagonist bleibt. Manou kommt, vor allem in zweitem Teil des Buches, eine ebenso wichtige Rolle wie dem Helden zu. Dabei ist das Mädchen zwar mutig, aber nicht so überzeichnet stark und kämpferisch, wie es in vielen anderen Büchern der Fall ist. Manou ist eine Heldin, die in eine Geschichte gerutscht ist, ohne dies je zu wollen. Deshalb muss sie sich auch nicht beweisen und wirkt dadurch umso sympathischer.

Wer einen dicken Wälzer erwartet, wird enttäuscht. Gute 200 Seiten fasst das Buch, ein Leichtgewicht neben den 800 bis 1000 Seiten umfassenden Werken à la Die Nebel von Avalon. Ich war zunächst skeptisch. Wie soll auf so wenig Raum eine überzeugende Geschichte, auch noch in zwei Teile unterteilt, entwickelt werden? Das Buch hat mich dann aber doch überzeugt. Auch auf wenigen Seiten kann man gute Fantasysbücher verfassen. Ich kann das Buch allen empfehlen, die eine fanatsievolle Geschichte abseits vom derzeitigen Mainstream lesen wollen.

*Erschienen bei: Gerstenberg*

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Autorin / Autor: missmarie - Stand: 4. September 2013