Kein Zurück mehr

Autorin: Swati Avasthi

Buchcover Kein Zurück mehr

Wie der Name des Jugendbuches schon sagt, geht es in „Kein Zurück mehr“ von Swati Avasthi um die ausweglose Situation des 16-jährigen Jace. Er, sein großer Bruder Christian und seine Mutter leben in ständiger Angst vor ihrem gewalttätigen Vater. Als Christian es nicht mehr aushält, flieht er von zuhause und lässt seinen 7 Jahre jüngeren Bruder zurück. Dieser versteht nicht, warum ihn sein Bruder mit einer Mutter, die ihn nicht mal wirklich wahrnimmt, und einem Vater, der ihn schlägt, zurücklässt.

Als das Verhalten seines Vaters nicht nur blaue Flecken auf seiner Haut hervorruft, sondern auch seine Psyche in eine negative Richtung beeinflusst, die ihn für andere Leute in seinem näheren Umfeld gefährlich werden lässt, tut Jace etwas Unverzeihliches. Ab da stellt er sich seinem Vater: Es ist das erste Mal, dass er nicht geduckt die Schläge hinnimmt, sondern zurückschlägt.

Fünf Jahre nachdem Christian Jace verlassen hat, wird Jace von seinem Vater rausgeworfen, als Reaktion auf seine plötzliche Aufmüpfigkeit. Ihm kommt nur ein Ort in den Sinn, an dem er sicher ist: Die Wohnung seines Bruders. Und so fährt er sofort zu seinem Bruder, ohne zu wissen, was ihn erwartet. Aber was er nicht erwartet hat, ist die kalte Begrüßung seines Bruders und die zickige Miriam, die sich als seine Freundin entpuppt. Die beiden einigen sich schließlich darauf, dass Jace zu Christian in seine enge Wohnung ziehen und auf seiner Couch schlafen kann.

Der 16-jährige Junge ist bereit, ein neues Leben zu beginnen. Er sucht sich einen Job in einem Buchladen, meldet sich bei einer neuen High School an und tritt dem Fußballteam bei. Doch seine Vergangenheit und das, was er getan hat, holt ihn immer wieder ein und hindert ihn daran, völlig zu vergessen, wer er war und was er durchmachen musste. Als er die hübsche Dakota kennenlernt, möchte er nichts weiter als seine Vergangenheit hinter sich lassen und ihr näher kommen, aber das gelingt ihm nicht, denn seine Gedanken sind die ganze Zeit bei seiner Mutter. Wird sie nachkommen? Schafft sie es endlich ihrem gewalttätigen Ehemann zu entkommen, jetzt wo sie niemand mehr aufhält? Jace stellt Kontakt über Email her und bekommt eine überraschende Antwort: Seine Mutter möchte nachkommen! An Thanksgiving will sie vor Christians Wohnungstür stehen und mit ihnen feiern. Er glaubt fest daran, dass sie es diesmal schaffen wird zu entkommen, auch wenn Christian nicht sehr überzeugt wirkt. Aber dann werden ihre E-Mails immer kürzer und Jace bekommt es mit der Angst zu tun. Wenn sein Vater Verdacht geschöpft hat? Wenn er sie so schlimm verletzt hat, dass an eine Flucht gar nicht erst zu denken ist? Er überzeugt Christian, mit ihm zu seinem alten Zuhause zurückzufahren und seine Mutter zu holen, doch dort erwartet sie etwas, was sie beide nicht erwartet haben.

Das Buch ist unglaublich ergreifend und schockierend. Die Protagonisten Jace und Christian zeigen viele psychische Schäden auf, zum Beispiel klaut Jace jede Schach-Dame, die er finden kann. Er erklärt sich dieses Verhalten indem er sagt, dass er die Damen „beschützen“ muss, was auf seine Mutter zu beziehen ist, da er das Gefühl hat, sie vor seinem gewalttätigen Vater beschützen zu müssen. Ebenso provoziert er jeden Streit der sich entwickeln könnte, um die „Wut und die Schläge auf sich zu lenken“ wie er es von früher, als er noch bei seinen Eltern wohnte, kannte. So schützte er seine Mutter vor den Schlägen und versuchte ihr wenigstens einen Teil der Misshandlungen abzunehmen. Das Buch ist mit einer bestimmten Trockenheit geschrieben, die schockierend ist, aber genau das ist das Thema: Schockierend! Besonders erschreckend ist, dass Jaces Vater Richter ist. Niemand bemerkt etwas und selbst wenn jemand Verdacht schöpfen würde, würde niemand einen Richter hinter Gitter bekommen, wie Jaces Vater seiner Frau erklärt. Das Buch gibt einem wirklich zu denken. Es ist eine Mischung aus Aufklärungsroman und Thriller.

Die ersten paar Seiten waren meiner Meinung ein bisschen holprig, aber spätestens nach den ersten zehn Seiten war ich absolut gefesselt von dem Buch. An einigen besonderen Stellen ist „Kein Zurück mehr“ erschreckend trocken, zum Beispiel „erklärt“ Jace, wie man sich am besten verhält, wenn man geschlagen wird. Alle paar Seiten kommt eine neue Lektion hinzu, wie „Lektion Nr.6: Um die Gefahr einer Gehirnerschütterung zu reduzieren, sollte man auf dem Weg nach unten das Kinn anziehen.“ oder „Lektion Nr.7: Manchmal musst du schneller rollen, als ein Stiefel treten kann.“

Im Großen und Ganzen ist es ein Buch, das sich mit einem wichtigen und ernstzunehmenden Thema beschäftigt und hoffentlich vielen die Augen öffnet und uns aufmerksamer werden lässt.

*Erschienen bei: cbt Jugendbuch*

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Autorin / Autor: anna95 - Stand: 22. Mai 2012