Übersetzerin - Teil 2

Meine Arbeitszeiten sind ungewöhnlich. Die meisten Aufträge sind eilig. Wenn ich einen angenommen habe, gibt es öfter keinen Feierabend und kein Wochenende. Dafür kann ich zu anderen Zeiten mitten in der Woche ausschlafen und tun wonach mir ist. Das Unregelmäßige gefällt mir an dieser Arbeit, aber manchmal habe ich auch das Gefühl, ganz schön von den Auftraggebern abhängig zu sein. Mir ist dieser Rhythmuswechsel jedenfalls lieber, als immer den gleichen Tagesablauf zu haben.

Wie bist du denn auf den Beruf gekommen?

Ich habe erst mit 34 Jahren angefangen zu studieren. Vorher habe ich etwas ganz anderes gemacht: Selbstverteidigung für Frauen und Mädchen. Ich habe an der Fachhochschule in Köln studiert und ein Semester in Spanien. Es studieren fast nur Frauen Übersetzen/Dolmetschen. Trotzdem sind viele berühmte (und gut bezahlte) Übersetzer Männer. Im Studium habe ich mich nicht so wohl gefühlt. Ich fand vieles langweilig und viele meiner Mitstudenntinnen schienen außer Schminken nicht viel spannend zu finden **gähn**. Ich habe dann doch nette Kommilitoninnen gefunden und das Auslandssemester in Spanien hat mir großen Spaß gemacht. Da habe ich zum ersten Mal gedacht, dass ich Lust hätte, in dem Beruf zu arbeiten. Nach dem Studium ging ich auf Arbeitssuche und war schnell sehr frustriert. Ich fand fast gar keine Arbeitsangebote in der Zeitung und hörte auch auf dem Arbeitsamt nur, dass es keine Stellen für ÜbersetzerInnen gibt. Das hat mir ganz schön Druck gemacht, denn ich fing an zu glauben, ich müsste jede Arbeit annehmen, die ich kriegen kann, egal ob sie mir gefällt oder nicht. Aber dann habe gedacht: Halt! Ich versuche jetzt erstmal alles, um in Bereichen übersetzen zu können, die mich interessieren. Wenn das nicht klappt, kann ich immer noch klein bei geben oder einfach gar nicht in dem Beruf arbeiten. Diese Entscheidung war gut, denn nach und nach habe ich einen Fuß in interessante Arbeitsbereiche bekommen.

Was magst du an deiner Arbeit am liebsten und was gar nicht?

Ich mag an meiner Arbeit nicht, dass Geld immer ein schwieriges Thema ist. Manche Auftraggeber versuchen sogar heute weniger zu bezahlen als vor einem Jahr, obwohl das Leben immer teurer wird. Manchmal fällt es mir auch schwer, mich auf dem Übersetzungsmarkt anzubieten, um einen neuen Auftrag an Land zu ziehen. Dafür muss ich gute Laune haben und ein gutes Selbstbewusstsein und an einem schlechten Tag ist das nicht leicht. Ich mag an meiner Arbeit, dass meine Tage immer unterschiedlich sind. Ein Festivaltag ist ganz anders als ein Tag, an dem ich Rechnungen schreibe oder Aufträge suche oder als ein Übersetzungstag. Und ich mag, dass ich über verschiedene Themen etwas erfahre. Ich habe z.B. einen Roman übersetzt, einen Krimi. Er spielt unter den Pueblo-Indianern in New Mexico und über die wusste ich bis dahin gar nichts. Kürzlich habe ich einen Kommentar zum neuen Menschenhandels-Protokoll der UNO übersetzt. Dadurch weiß ich jetzt, was die UNO aktuell gegen Menschenhandel tut. Diese Übersetzung wird Ban Ying, eine Nichtregierungsorganisation in Berlin, für einen Rechtsstreit für die Rechte von ausländischen Frauen in Deutschland benutzen. Das finde ich gut, denn Ban Ying versucht, die Ausbeutung armer Frauen aus armen Ländern zu unterbinden. Ich mag auch, dass ich mich in vielen Ländern verständigen kann. Ich reise gerne. Also passt das gut.

*Danke schön für das Interview :-)*

Autorin / Autor: Redaktion/ Mascha Rohner - Stand: 7. November 2002