Der Ferieneffekt

Im Lesen besser, im Rechnen schlechter - Grazer Uni untersuchte, welche Auswirkungen die langen Ferien auf die Leistungen von Schüler_innen haben

Kennt ihr auch das Phänomen, nach den Sommerferien, nicht mehr so ganz den Zugriff auf euer Gedächtnis zu haben - zumindest, was die Erinnerung an mathematische Formeln und andere komplizierte schulische Inhalte betrifft? Keine Sorge, das ist soweit ganz normal, denn US-amerikanische Studien beschäftigen sich bereits seit Längerem mit dem als Ferieneffekt bekannten Schwund von bestimmten Fähigkeiten während des Sommers. Im Schnitt beträgt die Lücke sogar das Wissen eines ganzen Schulmonats. In Europa wurde das Phänomen bisher wenig untersucht. Dafür haben sich aber nun österreichische Psycholog_innen mit dem Thema beschäftigt und fanden die amerikanischen Studien bestätigt, wobei dazu gesagt werden muss, dass österreichische Schüler_innen Sommerferien von neun Wochen Länge genießen!

An der Studie der Wissenschafter_innen der Karl-Franzens-Universität Graz nahmen 182 SchülerInnen aus ländlichen Bezirken im Alter von zehn bis zwölf Jahren teil. 125 davon besuchten ein Gymnasium, 57 die Hauptschule. Ihr Ergebnis: „Bei der Rechtschreibung und dem rechnerischen Denken kam es über den Sommer zu deutlichen Einbußen. Die Lesefertigkeit stieg über die Ferien dagegen an,“ fasst Univ.-Prof. Dipl.-Psych. Dr. Manuela Paechter vom Institut für Psychologie die Ergebnisse der Studie zusammen, die sich auf die Sekundarstufe I konzentriert hat. Die Verluste in der Mathematik und der Rechtschreibung kämen vor allem daher, dass diese – im Unterricht geförderten – Fähigkeiten im Alltag seltener angewandt werden, erklärt Paechter.

Bei der Lesefertigkeit unmittelbar nach den Ferien schnitten die Schüler_innen dagegen besser ab als davor. Grund dafür sei, dass die Kinder auch während des Sommers das Lesen weiter praktizieren, so die Forscherin. „Es ist also ganz entscheidend, inwiefern sie in der schulfreien Zeit zu kognitiven Beschäftigungen angeregt werden. Insgesamt verdeutlicht die Studie, welche enorm wichtige Rolle die Schule genau dafür spielt“ unterstreicht die Psychologin. Familiäre Faktoren, wie etwa der Bildungsstandard der Eltern, hatten nur beim rechnerischen Denken einen Einfluss auf mögliche Ferieneffekte.

Der Lernstoff ist aber nicht für immer vergessen, denn die Verluste könnten wieder aufgeholt werden - in Österreich aber erst neun Wochen nach Schulbeginn! Die Autor_innen der Studie empfehlen den Lehrer_innen, dies bei Start des neuen Schuljahres zu berücksichtigen. In Folgeuntersuchungen wollen die Wissenschaftler_innen auch Teilnehmer_innen aus dem städtischen Raum hinzunehmen, um zu überprüfen, ob es dort auch eine "Ferienamnesie" gibt.

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Autorin / Autor: Redaktion/Pressemitteilung - Stand: 13. August 2015