The Boy Who Steals Houses: The Girl Who Steals His Heart

Autorin: C. G. Drews
Übersetzt von: Britta Keil

Sam ist 15 Jahre alt und er stiehlt Häuser. Was das bedeutet? Wenn es anfängt zu dämmern, dann geht er nicht wie andere Jugendliche in seinem Alter nach Hause, sondern er streunt durch die Wohngebiete und hält Ausschau nach Häusern, die er zu seinem machen könnte. Genau genommen stiehlt er die Häuser nicht, er leiht sie sich nur, solange ihre eigentlichen Bewohner verreist sind. Denn ein eigenes Zuhause haben Sam und sein älterer Bruder Avery nicht mehr. Aber das ist schon in Ordnung, denn Sam wird immer besser darin, ihnen immer wieder ein Neues zu besorgen. Das muss er auch, denn Avery kommt nicht so gut zurecht auf der Straße wie Sam selbst: Avery ist Autist, er braucht ein stabiles Umfeld, Ruhe und schützende vier Wände. Deshalb schläft er auch hin und wieder in der Autowerkstatt, in der er arbeitet, und Sam ist alleine unterwegs. So kommt es auch, dass Sam sich alleine in einem buttergelben Haus wiederfindet, in dem es aussieht, als hätte eine Bombe eingeschlagen: Überall liegt Spielzeug herum, Klamotten türmen sich auf dem Sofa – und im Kalender ist ein Camping-Trip eingetragen. Bingo, Sam macht es sich also gemütlich und erlaubt sich für eine Weile so zu tun, als wäre es der vielen Kinderzimmer seins, als würden auch seine T-Shirts zu den Wäschebergen beitragen, und als hätte jemand beim Einkaufen auch an seine Lieblingssnacks gedacht. Doch das ist natürlich nur eine Illusion – und bevor Sam überhaupt realisiert, was überhaupt passiert, sitzt er plötzlich mit der Familie De Lainey am Tisch und lässt sich das ausgiebige Sonntagsessen schmecken. Mr De Lainey ist alleinerziehender Vater von sieben Kindern, und am Wochenende sind immer Freunde, Cousinen und Cousins sowie Nachbarskinder zu Besuch. Einer mehr oder weniger fällt da nicht auf, und so tut Sam doch noch etwas länger so, als würde er tatsächlich dazu gehören, als könnte er dieses Zuhause tatsächlich behalten. Doch früher oder später wird sein Geheimnis ans Licht kommen …

C. G. Drews hat mit „The Boy who steals houses” ein äußerst liebevolles Buch geschrieben, bei dem man sich direkt an einen Tisch voller Waffeln und quasselnder Kinder, voller kleiner Hände und fürsorglicher Blicke versetzt fühlt. Und selbst wer sich so glücklich schätzen darf, in einer herzlichen Familie aufgewachsen zu sein, kann den Schmerz nachempfinden, den Sam spürt, wenn er die oben beschriebene Szenerie nur von draußen durch ein Fenster beobachten kann. Dabei wirkt die heile Welt der Familie De Lainey nie überzeichnet, sondern stets authentisch und offenbart an der einen oder anderen Stelle natürlich auch ihre Schwächen. Sams Erfahrungen auf der Straße, die von Gewalt und Einsamkeit geprägt sind, bieten den notwendigen Kontrast, um seine Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Geborgenheit selbstverständlich wirken zu lassen. Die Beziehung zu seinem Bruder nimmt viel Raum ein und macht deutlich, welche Verantwortung auf dem jungen Sam lastet. All diese Aspekte haben dazu beigetragen, dass mir „The Boy who steals houses“ wirklich sehr gut gefallen hat. Vor allem Sam ist ein sehr authentischer Charakter, mit dem ich als Leserin mitfühlen und mitfiebern konnte. Für mich wäre das schon ausreichend gewesen, doch im Buch entwickelt sich auch noch eine zarte Liebesgeschichte, die ich persönlich nicht gebraucht hätte, die ich jedoch auch nicht als störend empfunden habe. Insgesamt ist „The Boy who steals houses“ ein Buch, das einen als Leser dankbar und berührt zurück lässt und das ich insgesamt sehr gerne weiterempfehle.


Erschienen bei FISCHER Sauerländer

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Autorin / Autor: lacrima - Stand: 13. Februar 2024