Schmerzhafte Spuren im Netz

Forschung: Digitale Souvenirs an eine verflossene Liebe sind schwer loszuwerden. Forscher plädieren für Softwarelösungen.

Wer früher von seinem oder seiner Liebsten verlassen wurde, hatte viele Möglichkeiten, sich der schmerzhaft gewordenen Erinnerungen zu entledigen. Liebesbriefe konnten zerrissen, verbrannt oder in dunkle Keller verbannt werden. Fotos des verflossenen Schatzes konnten mit Dartpfeilen malträtiert oder zu Konfetti verarbeitet werden. Und heute? Auf Schritt und Tritt verfolgen uns unsere digitalen Souvenirs: hier ein Foto auf facebook, dort ein gemeinsam aufgenommenes Video, hier ein schwülstiger Sehnsuchts-Tweet, dort ein Lied, das einmal "unser Lied" war.

Klar kann man seinen Beziehungsstatus auf "Single" stellen, sich "entfreunden" und Inhalte blocken. Dennoch wird man ständig konfrontiert mit Inhalten, die man selbst nicht löschen kann, weil sie auf fremden Profilen gepostet wurden oder aber mit einer Flut eigener digitaler Souvenirs, die man an so vielen unteschiedlichen Stellen im Netz abgelegt hat, dass man gar nicht mehr weiß, wo und wann sie einem zufällig wieder begegenen könnten.

Mit diesem "digitalen Besitz" und den negativen Konsequenzen, die er auf frisch Getrennte hat, haben sich die amerikanischen ForscherInnen Steve Whittaker und Corina Sas beschäftigt.

In Interviews mit Jugendlichen hatten sie herausgefunden, dass die zufällige Konfrontation mit solchen Erinnerungen schmerzhaft und aufwühlend sein kann. "Aus den Augen, aus dem Sinn" ist für viele die effektivste Stratgie bei Liebeskummer. So lange es aber keine Tools gibt, die helfen, die schmerzhaften Erinnerungen zu löschen oder wegzusperren, sind die Unglücklichen dazu verdammt, länger zu leiden.

Die ForscherInnen hoffen darum auf Softwarelösungen, die frisch Getrennten helfen sollen, sich der digitalen Herzschmerzauslöser zu entledigen. Sie schlagen eine Art "Pandoras Box" auf, ein Ort, an dem sämtliche digitale Besitztümer, die mit der vergangenen Beziehung zu tun haben, automatisch (z.B. mit Hilfe von Gesichtserkennung) gebündelt und dort gelöscht oder unter Verschluss gehalten werden können.

Auch virtuelle Schatztruhen wären denkbar, in denen aus den zahlreichen eigenen digitalen Besitztümern die wichtigsten für spätere schöne Erinnungsmomente gesammelt würden.

Klingt nach Zukunftsmusik. Und es ist natürlich auch fraglich, ob man wirklich Lust hat, seine gesammelten schönsten oder schmerzhaftesten Erinnungen irgendeiner (noch zu erfindenden) Software anzuvertrauen.

Wie geht ihr mit euren digitalen Erinnerungen um?

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 13. Mai 2013