Probe 12

Autorinnen: Kathrin Lange, Susanne Thiele

Tom Morell ist verzweifelt: Seine 15-jährige Tochter Sylvie liegt schwer krank auf der Isolierstation. Sie leidet nicht nur an der chronischen Lungenkrankheit Mukoviszidose, sondern ihr geschwächter Körper kämpft auch noch gegen einen multiresistenten Keim, mit dem sie ausgerechnet ihr Vater angesteckt hat. Als auch der letzte Therapieansatz bei Sylvie keine Wirkung zeigt, macht sich Tom aus Verzweiflung – und Schuldgefühlen – auf die Suche nach alternativen Behandlungsmethoden. Ein vielversprechender Ansatz scheinen Phagen zu sein: vereinfacht gesagt gezüchtete Viren, die ein bestimmtes Bakterium neutralisieren können. Tom Morell nimmt also Kontakt auf zu Max Seifert, einem Mediziner und Lobbyisten für die experimentelle Phagen-Therapie. Bei ihrem ersten Treffen lernt Tom auch Nina kennen, eine Mikrobiologin und Wissenschaftsjounalistin, deren Mentor Georgy einer der bedeutendsten Forscher auf dem Gebiet der Phagen-Therapie ist. Doch noch bevor die drei über eine mögliche Behandlung von Sylvie sprechen können, werden sie von zwei bewaffneten Männern überfallen, die es auf eine kleine Schatulle mit besonderem Inhalt abgesehen haben: Die Schatulle enthält Proben der wichtigsten Therapie-Phagen, die Georgy an Max geschickt hat, kurz bevor Georgy bei einem Anschlag auf seine Forschungseinrichtung stirbt. Durch den Überfall wird klar: Es gibt noch jemand anderen, der von den Phagen und ihrem unglaublichen Wert weiß, und keine Skrupel hat, sie an sich zu bringen. Während Nina, Max und Tom alles tun um Sylvies Leben zu retten, müssen sie feststellen, dass sie sich nicht nur vor den Räubern in Acht nehmen müssen, sondern dass auch in ihren eigenen Reihen unerwartete Gefahren lauern.

Den Autorinnen ist es mit „Probe 12“ gelungen, ein gleichermaßen spannendes und lehrreiches, bzw. interessantes Buch zu schreiben. Allerdings merkt man beim Lesen sehr deutlich, dass man es nicht mit einem puristischen Thriller zu tun hat, der einem den Atem raubt beim Lesen, sondern eher mit einem stimmigen Gesamtwerk, das den Leser gleichermaßen aufklärt und unterhält. Während die erklärenden und informativen Passagen vor allem im ersten Drittel der Geschichte im Vordergrund stehen, wirkt das zweite Drittel dann flüssiger, stimmiger, und die Handlung entwickelt sich. Was mir hier allerdings weniger gut gefallen hat, ist die sich andeutende Romantik zwischen zwei der Figuren, die die Autorinnen scheinbar so in Beschlag genommen hat, dass man weitere Charakter für eine Weile vergisst oder auch mal Logik-Fehler ausblendet. Im letzten Drittel dann wird die Handlung etwas absurd, und mir persönlich gehen die Dinge zu schnell – klar kommt dadurch Spannung auf, aber meinen Geschmack hat diese künstliche Dramaturgie leider nicht getroffen.

Trotz dieser Kritikpunkte, die sich für mich vor allem auf das Handwerk des Schreibens beziehen, habe ich „Probe 12“ gerne gelesen. Wenn man über die ein oder andere Unstimmigkeit hinwegsehen kann, haben Lange und Thiele ein wirklich fesselndes Buch geschrieben, das mit einem Minimum an Gewalt und Brutalität auskommt. Dabei schaffen sie es, Aufmerksamkeit auf ein (zumindest mir) wenig bekanntes Thema zu lenken, für welches die Leser besonders in Zeiten einer globalen Pandemie mehr als offen sein werden.


*Erschienen bei Lübbe Belletristik*

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Autorin / Autor: lacrima - Stand: 12. Januar 2022