Niemalswelt

Autorin: Marisha Pessl
übersetzt von Claudia Feldmann

Bee trifft nach langer Zeit vier alte Schulfreunde wieder. Doch das Wiedersehen ist nicht nur freudig, denn der Tod von Bees ehemaligem Freund Jim belastet die Freundschaft, das wird schnell klar. Warum klärt sich aber erst im Verlauf des Romans. Gemeinsam erleiden die fünf ehemaligen Freunde einen schweren Unfall und landen in einer Niemalswelt, einem Schwebezustand zwischen Leben und Tod. Ein kurz darauf auftauchender Fremder, der sich als Wächter vorstellt, klärt sie freundlich darüber auf, dass nur einer von ihnen aus der Niemalswelt zurück ins Leben kehren darf. Die anderen müssen sterben. Wer das sein soll, müssen alle einstimmig entscheiden. Bis zu der "Wahl" erleben sie den Tag ihres Unfalls wieder und wieder und sind in der Niemalswelt gefangen.

Der Roman siedelt sich irgendwo zwischen "Täglich grüßt das Murmeltier" und "Wenn du stirbst, zieht das Leben an dir vorbei, sagen sie" an. Die Zeitschleife ist mittlerweile ein beliebtes Thema, das aber auch unzählige spannende Möglichkeiten eröffnet, die hier durchaus auf originelle Weise genutzt werden. Der sich wiederholende Tag verläuft nicht immer gleich, sondern steht den Betroffenen zur Verfügung, sich ihrer Entscheidung anzunähern. Auch wenn der Wächter auf die Entscheidung drängt, im Prinzip bleibt unendlich Zeit für Recherchen, Versuche, Partys, Studien oder Experimente. Bee und ihre Freunde entdecken außerdem die Möglichkeit, diesen Tag zu nutzen, um durch die Zeit zu reisen, allerdings ohne damit den unvermeidlichen Unfall und die Entscheidung in der Niemalswelt verhindern zu können.

Sie einigen sich nach unzähligen Eskapaden darauf, mit Hilfe dieser Entdeckung der eigentlichen Geschichte auf den Grund zu gehen. Warum musste Jim sterben? Was hat jeder Einzelne von ihnen damit zu tun? Dabei zeigt sich, dass alle ihre Leichen im Keller haben und nur der Weg über die Wahrheit zu einer Entscheidung führen kann.

Marisha Pessl gelingt es, der Zeitschleifenthematik neue Aspekte abzugewinnen und viele philosophische Fragestellungen aufzuwerfen. Dabei ist das Buch flüssig zu lesen, die mehrdimensionalen Charaktere überzeugen und die geheimnisvolle Stimmung hält den Leser bei der Stange. Neben einigen wirklich äußerst skurrilen Zeitschleifen-Episoden, gibt es vor allem am Ende auch sehr berührende Szenen und unerwartete Wendungen. 
Insgesamt ein gelungener Roman, dessen Thematik zwar nicht gänzlich neu ist, aber hier auf ganz eigene Weise beleuchtet wird. Gute Unterhaltung, lesenswert!


*Erschienen bei Carlsen*

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Autorin / Autor: luthien - Stand: 22. März 2019