Mirror, Mirror

Autorin: Cara Delevingne mit Rowan Coleman
Originalsprache: Englisch
Übersetzer: Anita Nirschl

Buchcover Mirror, Mirror

„Mirror, Mirror“ ist der erste Roman des Models und Schauspielerin Cara Delevinge. Betrachtet man das knallgelbe Buchcover mit den schwarzen Buchstaben und der schwarz-weißen Fotografie eines Handgelenkes, kann man erst einmal skeptisch werden. Nicht der Titel des Buches ist dort am größten abgedruckt, sondern der Name der frisch gebackenen Autorin. Klein darunter dann der nächste überraschende Hinweis: Anders als der pinke Einleger es ankündigt, ist es gar nicht das erste Buch des Models, zumindest nicht so ganz. Denn Delevinge hat das Buch gemeinsam mit der recht erfolgreichen Autorin Rowan Coleman geschrieben. Ich begegne der Geschichte also erstmal mit großer Skepsis. Das Vorwort tut dann sein Übriges. Recht schnulzig und pathetisch erklärt die Autorin, dass sie dieses Buch geschrieben hat, um ungeschönt zu zeigen, wie schwer es ist, erwachsen zu werden und sich selbst zu finden. Und dass es in Ordnung ist, so zu sein, wie man ist. Das kann ja was werden.

Tatsächlich ist die Story aber überraschend gut. Das liegt vor allem an den starken Hauptcharakteren. Red, Naomi, Rose und Leo haben jeweils ihre ganz eigenen Probleme zu schultern. Während in der einen Familie die Mutter trinkt und der Vater nicht zuhause ist, kommt in der anderen der kriminelle Bruder aus dem Gefängnis zurück und wirbelt das Leben seines Bruders durcheinander. Rose hingegen sucht in ihrem Leben voller Oberflächlichkeit und Geld nach Tiefe und echter Freundschaft, und Red sucht vor allem sich selbst. Durch einen Zufall werden die vier in der Schule in ein Bandprojekt gesteckt – eine Gruppe von vier Außenseitern, die auf einmal auf einander Rücksicht nehmen sollen. Aber es funktioniert, die Band hat großen Erfolg, und aus den vier Mitgliedern werden gute Freunde, die sich gemeinsam durch die schwere Zeit begleiten. Doch dann verschwindet plötzlich Naomi und keiner weiß, wo sie ist. Für ihre Freunde ist klar: Naomi ist nicht einfach ausgerissen, ihr muss etwas Schreckliches zugestoßen sein. Und so machen sich die drei Freunde nicht nur auf die Suche nach Naomi selbst, sondern fahnden auch nach einem potentiellen Täter.

Was als Coming-of-Age-Geschichte angekündigt wird, entwickelt sich daher immer mehr zu einem Krimi, bei dem dunkle Machenschaften an der Schule der Freunde aufgedeckt werden. Allerdings ist das Ende dann doch sehr vorhersehbar, was den Lesegenuss etwas schmälert. Die Stärken des Buches liegen eindeutig in der Entwicklung der Figuren. Das Buch ist aus Reds Sicht geschrieben – meinem Lieblingscharakter. Bei dieser Figur steht die Frage im Vordergrund: Wer bin ich eigentlich selbst, und wie sehr sollte ich mich den anderen anpassen, nur um dazuzugehören? Red entscheidet die Sache für sich recht klar: Man sollte vor allem sich selbst treu sein. Deshalb erlebt der Leser auch eine große Überraschung im Verlauf der Handlung und wird sich selbst fragen, wie er die Welt wahrnimmt.
Mirror, Mirror ist also, bei allen abschreckenden ersten Eindrücken, ein Buch, das sich zu lesen lohnt.

*Erschienen bei Fischer*

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Autorin / Autor: missmarie - Stand: 2. Januar 2018