Menschen verlieben sich und lieben, haben Sex und bekommen Kinder. So schlicht, so einfach. Oder?
Wie Liebe, Sex und Erblichkeit zusammenhängen - das betrachten Jasmin Schreiber und Lorenz Adlung in ihrem Buch aus verschiedenen Blickwinkeln. Dafür schauen sie über den Tellerrand des Menschlichen hinaus, erzählen vom Balzverhalten von Nilpferden und Laubvögeln, der strikten Hierarchie bei Honigbienen und stellen sich die Frage, wann und wie Eier legen oder Säugen Sinn ergibt und welche Arten eigentlich monogam leben.
Zwischendurch werden immer wieder wissenschaftliche Erkenntnisse über die menschliche Genetik und Fortpflanzung geteilt: Wie war das eigentlich mit Darwin und den Erbsen, woran hat Rosalind Franklin geforscht und wer hat damals Eiter aus Mullbinden ausgekocht?

Ich bin großer Jasmin Schreiber Fan. Ich finde es toll, wie sie in ihre Romanen immer wieder Wissen aus ihrem Biologie-Studium einfließen lässt. Und das andersherum in ihren populärwissenschaftlichen Werken immer wieder Erzählungen zu finden sind, die ins Prosaische gehen. Bei „Schreibers Naturarium“ hat das für mich nur halb funktioniert, daher war ich gespannt, wie die Synthese aus Wissenschaft und Literatur hier gelingen würde. Und ich wurde nicht enttäuscht:
Mir hat die entspannte Art gefallen, mit dem die Biologin und Schriftstellerin Jasmin Schreiber und ihr Mann, der Systembiologe Lorenz Adlung, über Liebe und Fortpflanzung sprechen und dabei immer wieder Querverweise zu kulturellen, gesellschaftlichen Phänomene ziehen. Sie schreiben von queeren Tieren und dem Matriarchat, von Bewusstsein, Trieben und teilweise brutalem (oder aus menschlicher Perspektive übergriffigem) Sexualverhalten von Säugern, Vögeln und Fischen.

Davon konnte ich einerseits tolle Fun Facts über Tiere mitnehmen - wusstest du etwa, dass Quallen eine sessile Phase haben, in der sie an Korallen haften und sich nicht bewegen bis sie sich ungeschlechtlich vermehren, indem sie sich teilen und sich dann ein Teil wieder frei bewegt? - andererseits hat mich das Buch auch immer wieder über das menschliche Zusammenleben nachdenken lassen. Gespickt mit Zeichnungen der Autorin bietet das Buch ein tolles Nachschlagewerk, das sich entweder am Stück lesen lässt oder dazu einlädt, je nach Lust und Laune einzelne Kapitel zu lesen.

Ein Buch für alle, die früher die Geolino geliebt haben und die sich heute in Cafés oder Kneipen gerne über Bienen und Blumen, Schmetterlinge und Clownsfische unterhalten. Ich habe jetzt auf jeden Fall genug Gesprächsstoff für die nächste Zeit. Und leihe meinen Freund:innen das schön gestaltete Buch (Achtung- schwer!) liebend gerne.


Erschienen bei Eichborn