Krötensex

Autorin: Franka Frei

„Krötensex“ geschrieben von Franka Frei ist ein wundervoll ehrlicher Roman über das Junge(-Weiße)-Frau-Sein im heutigen Deutschland. Die Protagonistin (Frieda Fliek) lässt einen an ihrem Leben – ihren Gedanken, Krisen, Erfolgen und Veränderungen – teilhaben. Verzweifelt versucht sie den Idealen gerecht zu werden, die von den Medien und ihrem persönlichen Umfeld hochgehalten werden, scheitert oft daran, wird ihnen dann manchmal doch gerecht. Aber ist es wirklich das, was sie will?

Ich bin sehr begeistert von dem Buch, da es sowohl mich persönlich angesprochen hat, Themen aufgegriffen hat, die mir wichtig sind, als auch äußerst unterhaltsam ist. Der Stil ist gut lesbar, manchmal etwas umgangssprachlich und ich bin über (Jugend)Wörter gestolpert, die ich selber nicht wirklich benutze, aber da gibt es ja auch einfach Unterschiede. Vor allem Feminismus, aber auch Umweltschutz/Nachhaltigkeit, Sexualität, der Umgang mit sozialen Medien, Erwartungsdruck und einige andere aktuelle Bereiche werden angesprochen. Nicht immer, aber oft konnte ich mich mit der Protagonistin identifizieren, ihren „Struggle“ nachvollziehen. Ja, Frieda ist weiß, heterosexuell und Cis und auch in anderen Hinsichten privilegiert, aber das bin ich ehrlich gesagt auch. Frieda beschreibt außerdem so nachvollziehbar ihre widersprüchlichen Ziele und Emotionen, ist zerrissen zwischen verschiedenen Idealen und ihrer Sozialisation (Erziehung und Prägung durch die Gesellschaft), wie ich es bisher in einem Roman noch nie erleben durfte. Was mir dabei mit am besten gefallen hat, ist die Art wie sie ihre (romantischen) Beziehungen beschreibt. In den meisten Romanen habe ich das Gefühl, dass Liebe sehr überhöht wird und Gefühle beschrieben werden, die ich selbst so noch nie empfunden habe. Deshalb habe ich mich oft gefragt, ob das an mir liegt oder ob so etwas wirklich existiert? Vielleicht tut es das ja, aber bei Frieda nicht, was irgendwie beruhigend für mich war. Sehr cool und offen fand ich auch das Vorwort der doch ziemlich jungen Autorin, in dem sie angibt, dass viel von ihr selbst in den Charakter geflossen ist, was das Ganze noch greifbarer und authentischer gemacht hat. Auch finde ich schön wie die Veränderungen und Prozesse von Frieda sehr anschaulich dargestellt werden. Es geht hoch und runter. Nur manchmal kamen mir die zeitlichen Sprünge etwas abrupt vor. Als Berlinerin habe ich mich von ihren Beschreibungen der Stadt auch manchmal (mit schmunzelndem Auge) etwas angegriffen gefühlt, aber ich wohne zugegebenermaßen in einer ruhigen Gegend und wenn man hier aufgewachsen ist, ist das natürlich auch noch was anderes von der Gewöhnung her.

Alles in allem kann ich das Buch eigentlich nur ALLEN empfehlen, egal ob man sich selber, sein (Enkel)Kind, die „Jugend von heute“ oder eine Person anderen Geschlechts besser verstehen will, Unterhaltung sucht oder sich mit aktuellen Themen auf humorvolle und ehrliche Art beschäftigen will. Manchmal werden Sexszenen äußert detailliert beschrieben, weswegen ich vielleicht schon ein Alter von 14 voraussetzen würde.


*Erschienen bei Heyne*

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Autorin / Autor: Johanna - Stand: 21. April 2021