Kriegen das eigentlich alle?

Autoren: Jan von Holleben, Antje Helms

Buchcover Kriegen das eigentlich alle?

"Du bestimmt, was du mit deinem Körper machst"

Das erste was auffällt ist, dass das Buch mit Klischees arbeitet, sehr "mädchen"- und "jungentypische" Bilder, dabei aber gleichzeitig modern ist, mit lesbischen und schwulen Pärchen und genau diese "typischen" Bilder regen zum Nachdenken an (oder tun es hoffentlich).  Hinzu kommt, dass die AutorInnen selbst mit diesen Klischees kritisch umgehen: "Die Natur ist eben nicht immer eindeutig".

Das Buch möchte aufklären, wie es ist, in der Pubertät zu sein, sich auf einmal für das andere Geschlecht oder auch das gleiche zu interessieren, was bei der Verhütung zu beachten ist, wie sich der Körper entwickelt, was in Beziehungen wichtig ist. Kurzum: alles was mit Liebe und Sexualität zu tun hat.

Direkt bemerkbar ist, dass die Angst vor Körperveränderungen genommen wird. Es werden hier sogar Hinweise darauf gegeben, dass die Pubertät, wann diese einsetzt und wie sich der Körper entwickelt, viel mit der Ernährung zu tun hat. Damit ist "Kriegen das eigentlich alle?" angenehm unaufgeregt gehalten und macht Mut, seinem eigenen Körper zu vertrauen (auch die Älteren können sich hiervon angesprochen fühlen:)).

Schwierig ist allerdings, dass die Frage im Buch bejaht wird, ob Jungs immer nur an Sex denken. Das ist, meines Erachtens, eine sich selbst erfüllende Aussage, Pubertät verläuft, trotz aller Hormone, bei jedem Jungen anders. Es werden hier zwar auch Einschränkungen vorgenommen wie "Wer witzig, charmant und einfühlsam ist und gut zuhören kann, wirkt oft anziehender als der ehrgeizige Supersportler", aber diese sind mehr auf die jüngeren zugeschnitten. Ich frage mich, was Jungs und Mädchen denken, wenn sie sowas lesen, wobei es ein guter Anfang ist zu sagen, dass Männer einfühlsam sein sollten und auch Mädchen sich mit ihrem Körper anfreunden können. Trotzdem werden in diesem Buch auch Klischees wiederholt, was den guten Eindruck von "Kriegen das eigentlich alle" wieder etwas kaputt gemacht hat.

Positiv ist aber, dass die körperlichen Symptome der Pubertät, wie Schwitzen und Pickel, als ganz normale Entwicklungen aufgezeigt werden, was wichtig für jeden Teenager ist. Die Sprache ist hier auch betont jugendlich gehalten, sodass sie jeder verstehen kann und hat trotzdem viel Inhalt.

Wider Erwarten ist das Buch auch für Leute die aus dem Teenageralter längst raus sind, interessant, da in "Kriegen das eigentlich alle?" nochmal betont wird, dass jede Brust bei Frauen anders aussehen kann, jeder Körper anders ist, dass Veränderungen auch an der heutigen Zeit und der Ernährung liegen können. Schön ist daher, dass das Buch sehr gute biologische Informationen bietet und interessante Bilder, die die Vielfältigkeit der Menschen zeigt. Auch die Hilfestellungen zu Trennung, Liebe etc sind als sehr positiv zu bewerten, da sie in die Tiefe gehen und die Ehrlichkeit mit sich selbst und dem anderen betonen. Da könnten dann wiederum auch ältere Menschen noch was draus ziehen:).

Besonders beeindruckend ist, dass die AutorInnen auch auf Asexualität eingehen, auf Pornos und diese als Fantasy bezeichnen und immer wieder betonen, wie wichtig es ist, einen eigenen Weg in Beziehungsfragen zu gehen. Ehrlich zu sich und dem anderen zu sein. Dass Liebe und Sexualität bedeuten, den "Körper des anderen zu erkunden". Auch die Frage um das Jungfernhäutchen wird nicht ausgespart, daher ist "Kriegen das eigentlich alle?" ein sehr modernes, sehr empfehlenswertes Buch, trotz einiger kritischer Punkte, die ich aufgelistet habe. Für Jüngere und für Ältere, die wissen wollen, wie und warum sich der Körper verändert, was in Beziehungen wichtig ist und wie man zu sich und anderen ehrlich sein kann.

Bleibt nur noch ein Zitat:
"Und jeder darf selbst entscheiden, was Sex für ihn ist" "Denn ein Mann muss sich nicht typisch "männlich" verhalten und eine Frau nicht typisch "weiblich""
Jawohl!

*Erschienen im Gabriel Verlag*

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Autorin / Autor: writer-girl - Stand: 3. Juni 2013