Knochendiebin

Autorin: Margaret Owen
übersetzt von Henning Ahrens

Stur ist es vorbestimmt, Flügelherrin ihrer Rotte zu werden und das ist ein harter Job, denn Krähen haben es schwer in der Welt von Sabor. Sie werden behandelt wie Aussätzige, dabei sind sie die einzigen, die nicht von der Sündenseuche befallen werden können und darum den undankbaren und oft schlecht bezahlten Job haben, die Sterbenden von ihrem Leiden zu erlösen und sie zu verbrennen. Doch davon abgesehen, dass die Krähen furchtbar schlecht behandelt werden, ist auch sonst einiges im Argen im Reich von Sabor. Eine böse Schwiegermutter treibt ihr Unwesen und ein Prinz ist in Gefahr. Stur fällt es zu, ihn zu retten.

Das klingt jetzt nach einem Märchen, tatsächlich aber eines ganz ohne Disney-Faktor. Margret Owen entwirft eine wenig glitzernde Welt, in der es eine große Ungleichheit gibt, die der Mob auch gerne mal auslebt. Ausgrenzung, Diskriminierung und Ungerechtigkeit sind Themen, die hier eine Rolle spielen und die die Figuren antreiben. Auch der Schauplatz in dem Roman ist kein 0815-Romantasy-Fantasy-Universum, sondern eine ganz eigene, etwas raue und düstere Welt, in der die Heldin Menschenzähne um den Hals trägt, mürrisch, stark und selbstbestimmt ist.

Den Stil in "Die Knochendiebin" habe ich als besonders, aber auch etwas gewöhnungsbedürftig empfunden. Das liegt sicher auch daran, dass nicht alles erklärt wird und der Leser am Anfang mit ziemlich vielen ungewöhnlichen Ausdrücken und wenig romantischen Namen konfrontiert wird (Stur, Scheusal & Co,). 

Insgesamt ist Knochendiebin ein ungewöhnlicher Fantasy-Roman mit einer starken Hauptfigur und mehrdimensionalen Charakteren. Er ist sehr bildhaft erzählt und würde sich wirklich ganz hervorragend als etwas düster angehauchter Film machen. Wer Liebe und Magie in einem Fantasyroman braucht, kommt hier ebenfalls auf seine Kosten, auch wenn sie vielleicht aus einem raueren Garn gestrickt ist als üblich und sich nicht unbedingt allein auf klischeehafte Paarkonstellationen beschränkt.

Sehr gefallen hat mir, dass das Buch, obwohl es als Zweiteiler angelegt ist, nicht mit einem fiesen Cliffhanger endet, sondern auch als abgeschlossener Roman gelesen werden kann. Ich will den zweiten Teil trotzdem unbedingt lesen. Sehr gelungen!


*Erschienen bei Carlsen*

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    Autorin / Autor: luthien - Stand: 11. November 2019