Jetzt

Autor: Morris Gleitzman

Buchcover

Als jüdischer Junge ist Felix während des Zweiten Weltkriegs nur knapp den Nationalsozialisten entkommen – davon erzählen die beiden ersten Bände der als Tetralogie angelegten Reihe des britisch-australischen Schriftstellers Morris Gleitzman, Einmal und Dann. In Jetzt springt die Geschichte in die Gegenwart – Felix, mittlerweile achtzig Jahre alt, lebt in Australien und nimmt nun seine elfjährige Enkelin Zelda bei sich auf, da deren Eltern für einen Einsatz der Ärzte ohne Grenzen drei Monate lang nach Afrika gehen. Zelda ist nach einem Mädchen benannt, das einst gemeinsam mit Felix vor den Nazis floh, schließlich jedoch ermordet wurde. Für Felix kommen durch die Ankunft seiner Enkelin viele Erinnerungen hoch, die er lange verdrängt hatte.
Die kleine Zelda liebt ihren Großvater abgöttisch, und sie bewundert ihn zutiefst – von ihren Eltern hat sie viele Geschichten über die schrecklichen Erlebnisse des jüdischen Kindes während des Zweiten Weltkriegs gehört, doch Felix selbst verdrängt seine traumatischen Erinnerungen häufig. Ganz ungewollt – einfach durch ihre Anwesenheit, durch den geerbten Namen, den sie trägt, und durch unschuldige Kinderfragen – wühlt Zelda vieles von dem, was damals passiert ist, wieder auf.

Am schlimmsten war für Felix, dass er seine jüngere Freundin Zelda nicht vor den Nationalsozialisten beschützen konnte: Sie wurde öffentlich auf einem Marktplatz erhängt. Seine Enkelin Zelda liebt Felix ebenso sehr, und als im trockenen, heißen Sommer in Australien ein riesiges Buschfeuer ausbricht und mit einem Mal auch Felix‘ Haus bedroht ist, setzt er alles daran, Zelda zu beschützen und damit die vermeintliche Schuld am Tod seiner kleinen Freundin siebzig Jahre zuvor abzutragen.

Zelda und ihr Großvater überleben das Feuer nur knapp und müssen dafür unter anderem lange in einem selbst gegrabenen Erdloch ausharren – eine Zeit, die sie nutzen, um sich gegenseitig Geschichten zu erzählen. Für Felix ist es gleichzeitig eine wichtige Vergangenheitsbewältigung ...

Morris Gleitzman nimmt Erzählstränge der beiden ersten Romane wieder auf und webt so gekonnt eine Brücke in die Vergangenheit. Die Erzählung stellt das liebevolle und innige Verhältnis zwischen Großvater und Enkelin in den Vordergrund, beschönigt aber auch nicht die grausamen Geister der Vergangenheit, denen Felix sich stellen muss. Ein berührendes und zugleich aufrüttelndes Buch, das mehr zu bieten hat als eine spannende Geschichte und durch die sorgfältige Recherche des Autors und die glaubwürdige Vermittlung geschichtlicher Fakten nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken über ein dunkles Vergangenheitskapitel anregt, das weiter in unsere Gegenwart hinein nachwirkt als man es sich oft bewusst macht.

*Erschienen bei Carlsen*

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Autorin / Autor: fabienne - Stand: 12. September 2012