Jackpot - Wer träumt, verliert

Autor: Stephan Knösel

Buchcover Jackpot

Die Handlung des Buches ist schnell erzählt. Zwei Brüder, Chris und Phil, leben alleine, weil ihr Vater einen Alkoholentzug macht. Beide stecken bis zum Hals in Problemen, weil ihr Geld vorne und hinten nicht reicht. Da ereignet sich vor Chris Augen ein Unfall, und ein fremdes Mädchen bittet ihn, eine Geldtasche zu verstecken. Am nächsten Tag ist nicht nur das Mädchen hinter der Geldtasche her, sondern auch die Polizei und der Fahrer des Unfallwagens.

Stephan Knösel hat bereits einen sehr erfolgreichen Jugendromane („Echte Cowboys“) geschrieben, für den er viele Preise bekommen hat. In seinem zweiten Buch nimmt er die bewährte Personenkonstellation wieder auf: Zwei Jungen und ein Mädchen spielen die Hauptrollen der Geschichte, wobei die beiden Brüder die Sympathieträger sind. Die Rolle von Sabrina, dem Mädchen, soll scheinbar bis zum Ende offen bleiben. Da es aber keine nennenswerte Wendung in ihrem Verhalten gibt, ist die Handlung hier sehr vorhersehbar. Und überhaupt fehlen der Geschichte die Überraschungen. Nur an einer einzigen Stelle hat mich die Handlung verblüfft: Das Geld ist plötzlich weg und stattdessen liegen Zeitungen in der Tasche. Der weitere Verlauf des Buches lies sich aber zumindest erahnen.

Hinzu kommt, dass den Leser auf jeder Seite das Klischee des Vororts geradezu anspringt. In Hasenbergl leben die beiden Brüder. Die Nachbarschaft besteht hauptsächlich aus Migranten, die sich entweder mit ihrer Situation abgefunden haben und apathisch vor sich hin leben oder Schlägertypen sind. So fehlt auch die Gang nicht, mit der die beiden Brüder das ein oder andere Mal aneinander geraten. In dieser Wohngegend sperrt man sich gegenseitig in den Heizungskeller, tritt Türen ein oder bedroht sich mit Waffen. Alle Vorurteile, die mit einem Stadtviertel mit großem Migrantenanteil verknüpft werden, greift Stephan Knösel auf.

Störte mich dieses klischeebeladene Bild schon etwas, so bin ich mit der Darstellung der Polizei überhaupt nicht zufrieden. In dem Buch ermitteln Afrim, der gerade erst bei der Polizei angefangen hat und eine erfahrene Polizistin. Diese hat eine Affäre mit ihrem Vorgesetzten, und kann sich deshalb alles erlauben. Sie vernimmt die Jugendlichen, obwohl deren Eltern nicht anwesend sind, deren Handys lässt sie ohne Genehmigung orten. Wenn sie bei den Vernehmungen nicht an die gewünschten Informationen gelangt, dann droht sie mit Abschiebung oder Kinderheim. Bekommt sie aber, was sie will, so verspricht sie Details in ihrem Bericht auszulassen, damit vor Gericht keine Anklage erhoben werden kann. Dabei ist sie sich vollkommen bewusst, dass sie falsch handelt, macht es aber gerade deswegen trotzdem. Kurz: Es scheint, als würde die Polizei ohne Regeln und Gesetz handeln. Natürlich, hat ein Autor freie Hand und darf auch die Polizei kritisieren. In "Jackpot" werden die Polizisten aber als die eigentlich Bösen dargestellt.

Die eigentliche Thematik des Buches ist allerdings gut gewählt. Es geht nicht vordergründig um Raub, sondern um Missbrauch. Leider kratzt der Autor das Thema nur leicht an, sodass es zu keiner richtigen Auseinandersetzung mit diesem Aspekt kommt – schade. Ich habe lange überlegen müssen, wie ich das Buch denn nun bewerten soll. Die Story ist recht flach und dem Autor scheint es vor allem darum zu gehen, die Gewalt in einem Vorort von München darzustellen. Trotzdem liest sich das Buch recht flüssig und zum Ende hin kommt sogar Spannung auf. Mein Fazit: Man kann es lesen, es gibt aber deutlich bessere Bücher.

*Erschienen im: Beltz Verlag *

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Autorin / Autor: missmarie - Stand: 31. Juli 2012