Im Schatten des Märchenerzählers

Autorin: Antonia Michaelis
Ab 16 Jahren

Elias‘ Vater Abel ist nicht einmal achtzehn Jahre alt geworden. Er war ein begabter Geschichtenerzähler, erfand eigene Märchen, hinterließ aber ein dunkles Erbe. Elias wächst nun zwar in einem liebevollen Zuhause auf, doch die Vergangenheit seines Vaters lässt ihm keine Ruhe – auch, weil sein Umfeld die damaligen Geschehnisse immer wieder hochholt. Als er entdeckt, dass seine Mutter Briefe von jemandem erhält und diese auch beantwortet, beschleicht ihn der Verdacht, dass sein Vater vielleicht doch noch leben könnte. Aber ist das wirklich möglich? Und wenn ja, warum versteckt er sich? Was ist damals wirklich geschehen?
Als Elias Antworten auf seine Fragen sucht, lernt er nicht nur die kratzbürstige Zara kennen, die ihn zutiefst fasziniert, sondern holt auch lang begrabene, schreckliche Geheimnisse wieder ans Licht...

„Im Schatten des Märchenerzählers“ von Antonia Michaelis war vollkommen anders, als ich erwartet hatte. Irgendwie habe ich tatsächlich mit einer Geschichte gerechnet, die in einer magischen Welt spielt – dem ist aber nicht so. Zunächst war ich darüber etwas enttäuscht, aber das hielt nicht lange an. Nach einem etwas holprigen Einstieg, der dem zunächst leicht gewöhnungsbedürftigen, etwas wirr anmutenden Schreibstil geschuldet war, bin ich dann doch sehr in die Geschichte hineingesogen worden. Der Stil gefiel mir dann von Seite zu Seite immer besser. Die Autorin hat eine ausgesprochene Begabung dafür, mit wenigen Worten ganz viel zu sagen. Die Handlung hatte ich mir anhand des Klappentextes zwar schon düster, aber nicht SO düster ausgemalt. Ich muss hier eine Warnung aussprechen, für ein Jugendbuch ist der Inhalt sehr hart, schon beinahe unbarmherzig. An vielen Stellen auch einfach so schrecklich, dass mir wirklich schlecht geworden ist. Dafür braucht es nicht mal explizite Beschreibungen (die es oft aber auch gibt).

Die Figuren muten alle als sehr mysteriös an, was mir wirklich gut gefallen hat. Irgendwie scheint fast jeder Charakter ein Geheimnis mit sich herum zu tragen und solche Geschichten lese ich immer besonders gern. Elias als Protagonist war mir auch sehr sympathisch. Ein sensibler Junge, noch nicht ganz ein Mann, der auf der Suche nach seiner Identität Dinge herausfindet, mit denen kein Mensch konfrontiert werden sollte, vor allem nicht in diesem Alter. Ein paar Mal fühlten sich seine Handlungen allerdings nicht ganz nachvollziehbar an und zum Ende hin gab es einige Geschehnisse, die für mich nicht so recht Sinn ergeben haben. Die Märchenelemente, die sich durch die Handlung ziehen, haben mich leider manchmal etwas raus gebracht, aber schlecht fand ich sie trotzdem nicht. Kurz nach der Lektüre habe ich erfahren, dass es sich bei diesem Buch um einen zweiten Band handelt und auch, wenn ich nun nach allem, was man in diesem Buch erfährt, ein bisschen Bammel davor habe, hat es mir doch so gut gefallen, dass ich nun auch den ersten Band lesen möchte.

Diese Geschichte spielt zwar nicht in der Märchenwelt, nichtsdestotrotz war es für mich irgendwie ein Märchen im klassischen Sinne – denn die meisten Märchen sind düster und brutal. Wer also gern ein solches Märchen aus der realen Welt mit ihren realen Schrecken lesen möchte, wird dieses Buch sicher ebenso toll finden wie ich.

*Erschienen bei Oetinger*

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Autorin / Autor: Sarah H. - Stand: 27. September 2022