Ich wünschte, du wärst hier

Autorin: Jodi Picoult
Aus dem Amerikanischen von Elfriede Peschel

Diana hat ihr Leben im Griff. Mehr noch, sie hat einen Plan und der reicht bis ins kleinste Detail. Kurz vor ihrem Dreißigsten Geburtstag, beinhaltet er, dass sie bei Sotherbys weiter aufsteigt und mit ihrem Freund eine Reise auf die Galapagosinseln macht. Dort wollen sie gemeinsam Dianas Geburtstag feiern. Und, davon ist Diana überzeugt, dort wird er ihr einen Antrag machen.

Doch wie das so mit dem Leben ist: Es lässt sich einfach nicht alles planen. Kurz vor ihrer Abreise bricht ein den Leser:innen nur allzu bekanntes Virus aus, dass die Welt für die kommenden Monate und Jahre im Griff haben wird. Da Finn, Dianas Verlobter in spe, Arzt ist und im Krankenhaus arbeiten muss, beschließt Diana alleine zu fahren. Und findet sich schnell als einzige Touristin auf Isabela wieder. Denn die Insel ist, wie der Rest der Welt auch, in einem Ausnahmezustand.

Diana sieht sich zwei Realititäten gegenüber. Da ist die wunderschöne Insel, die schon so lange auf ihrer Reiseliste steht, die Sehenswürdigkeiten, die sie unbedingt sehen wollte und will. Die Menschen, die sie auf Isabela kennenlernt und die sie schon bald aufnehmen in ihre Gemeinschaft. Und dann ist da der Lockdown, die geschlossenen Geschäfte und die erschütternden Nachrichten, die sich dann und wann ihren Weg durch den miserablen Internetempfang durchkämpfen: Tausende Kranke in New York, die ersten Todesfälle, die Welt im absoluten Katastrophenzustand.

Und Diana stellt fest, dass ihre so sorgsam geschmiedeten Pläne ihr in dieser Situation nicht weiterhelfen. Wir können nicht planen, wen wir wann treffen, zu welchen Menschen wir Vertrauen aufbauen und wie wir auf eine Situation reagieren, in der die ganze Welt die Luft anhält.

Jodie Picoult hat mich mit ihrem Roman überrascht. Ich habe mit einer gemütlichen, romantischen Geschichte gerechnet und stattdessen eine deutlich vielschichtigeren Roman bekommen. Klar, es geht auch um romantische Liebe und ums Sehnen, das verrät schon der Titel des Buchs. Aber es geht um so viel mehr als das. Irgendwann im ersten Jahr der Pandemie habe ich mich gefragt, wie es wohl wird, wenn das Virus Eingang in die Literatur findet. Wenn es in Filmen und Büchern behandelt wird. Ich habe es mir erdrückend und zu nah vorgestellt und gehofft, dass es stets nur die Rolle eines Statisten einnimmt. Das ist bei "Ich wünschte, du wärst hier" nicht der Fall. Das Virus ist da. Es ist gefährlich, es ist tödlich, es macht einsam und vereint uns doch in dieser Isolation.

Als Leser:in begleitet man die Protagonistin Diana, die so weit weg von allem ist, was sie kennt: von ihrem Freund, ihrer Wohnung, ihrer Arbeit, ihrem Umfeld. Stattdessen kann man als Leser:in teilhaben an der Schönheit von Isabela, an ihren neu geknüpften Freundschaften zu Beatriz und ihrem Vater und an ihrem Grübeln über das, was wichtig ist. Die anderen Figuren werden zwar weniger tief beschrieben als Diana und die ein oder andere Unstimmigkeit taucht auf, hat das Lesevergnügen für mich aber nicht weiter getrübt.

Natürlich geht es kitschig zu. Natürlich kamen mir manche Gesten zu groß vor, zu drastisch. Aber das Buch wartet mit einer (für mich wirklich) überraschenden Wendung auf, die mich all das hat vergessen lassen. Eine schöne Geschichte über Einsamkeit und Isolation, Liebe und Freundschaft, Distanz und Nähe und die Corona-Pandemie.

*Erschienen bei C.Bertelsmann*

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Autorin / Autor: Johanna94 - Stand: 12. Dezember 2022