Greta Grimaldi und der Junge aus dem Schatten
Autorin: Davide Morosinotto
Übersetzt von: Cornelia Panzacchi
In dem Buch „Greta Grimaldi und der Junge aus dem Schatten“ von Davide Morosinotto geht es um die Tochter eines Meisterdetektivs, die an der Seite ihres Vaters dem Empfänger von mysteriösen Drohbriefen Schutz bieten soll. Die Drohungen richten sich ausgerechnet an den legendären Kaspar Hauser, dem Rätsel seiner Zeit.
Der italienische Meisterdetektiv Dr. Grimaldi wird gemeinsam mit seiner Tochter darauf angesetzt, das Leben des rätselhaften Jungen Kaspar Hauser zu beschützen. Kaspar wurde einige Jahre zuvor unter ungeklärten Umständen auf dem Nürnbeger Marktplatz aufgefunden, kaum zum Sprechen und zum Gehen fähig. Seine Herkunft liegt weiterhin im Dunkeln. Nun erhält er Briefe mit Morddrohungen.
Obwohl der Auftrag lediglich beinhaltet, Kaspar zu schützen, kommen die beiden dem Rätsel seiner Vergangenheit ganz nahe, was sich als nicht ungefährlich erweist.
Die Geschichte spielt in Nürnberg in den Jahren 1829 und 1833/1834.
Das historische Setting ist wunderbar eingefangen. Generell wird sehr atmosphärisch erzählt. Schon zum Einstieg konnte ich das Hufgeklapper hören, den Staub und den Fluss riechen. Dieser sinnliche Schreibstil trägt viel zu einem wirklich angenehmen Leseerlebnis bei.
Die Geschichte bleibt nah an der historischen Realität. Schon damals galt Kaspar Hauser tatsächlich als das „Rätsel seiner Zeit“. Die damals und noch heute üblichen Theorien zu seiner Herkunft werden in Romanfiguren verkörpert (Badischer Erbprinz, Hochstapler/Betrüger, vernachlässigter Junge). Etliche Fakten, die über Kaspar Hauser bekannt sind, werden eingebunden. Auch bekannte historische Nebenfiguren spielen eine Rolle. Einiges wird ausgeschmückt, aber der Verlauf der Geschichte widerspricht zu keiner Zeit dem bekannten Wissen. Die Auflösung im Roman entspricht wohl dem Rahmen des historisch Möglichen, jedoch keiner der wahrscheinlichen Theorien zum tragischen Ende Kaspar Hausers.
Ich fand es schwierig, die Altersgruppe für dieses Buch einzuschätzen. Es macht zunächst den Eindruck eines Kinderbuchs für etwa Achtjährige, aufgrund der Illustrationen, des einfachen Schreibstils sowie des Umfangs der einzelnen Kapitel und des gesamten Buches.
Da Greta 13 oder 14 Jahre alt ist (S. 8) und das Buch die erste Liebe behandelt sowie ein schwieriges Thema (siehe Triggerwarnung im Buch), ging ich dann doch von einem Lesealter ab 12 Jahren aus. Dies entspricht auch der Altersempfehlung des Verlages.
Ich denke, die Figur Greta Grimaldi und ihr meisterdetektivischer Vater haben das Potential zu einer Reihe. Die jetzige Dynamik zwischen den beiden sowie die angedeuteten früheren Schwierigkeiten mit einem ehrgeizigen, kühlen Vater bieten noch einen ausreichenden Rahmen für weitere spannende Fälle.
Greta selbst wird als interessant und außergewöhnlich eingeführt: „gebildet und scharfsinnig, spricht fünf Sprachen und verfügt über ein phänomenales Gedächtnis“ (S. 17).
Stilistisch wird einigen Kapiteln mit einem eher unspektakulären Anfang ein kleiner Spoiler vorangestellt: ein Satz, der ankündigt, was gleich Aufregendes passieren wird. Das hat die Erwartung definitiv erhöht und die Spannung gehalten, sodass ich gern weitergelesen habe.
Etwas unglaubwürdig fand ich inhaltlich, dass die schlaue und erfahrende Greta sich plötzlich auf etwas naive Weise von einer Freundschaft mit einem fast fremden Jungen überzeugen lässt, um sich von nun an alles zu erzählen (S. 127).
Das Ende fand ich nur bedingt überraschend, der Weg dorthin war jedoch atmosphärisch schön geschrieben und wir durften eine sympathische und clevere Hauptfigur begleiten.
Zum schönen Leseerlebnis haben auch die düster-geheimnisvollen Illustrationen beigetragen, die insgesamt sehr „detektivisch“ aussahen.
Insgesamt ist es ein sehr schöner, klassisch historischer Detektivroman. Ich denke, er kann es als eine etwas einfachere Version durchaus mit Agatha Christies „Hercule Poirot“ aufnehmen für Jugendliche, die noch nicht viele Bücher dieser Art gelesen haben.
Erschienen bei Thienemann
Autorin / Autor: Claudia B. - Stand: 11. November 2025