Frag mich, wie es für mich war

Autorin: Christine Heppermann
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Kanut Kirches

Addie ist fünfzehn Jahre alt, sie hat einen Freund, ist gut in der Schule und begeisterte Läuferin ihres Cross-Laufteams in der Schule. Alles in allem scheint sie eine ganz normale Heranwachsende zu sein, doch dann wird Addie schwanger. Schnell entscheidet sie sich für eine Abtreibung, wird dabei von ihrem Freund und der Familie unterstützt, alles läuft reibungslos ab. Dennoch verändert der Eingriff Addie massiv.
Sie ist selbstbewusster, stärker, eigenständiger und denkt reflektierter als vor dem Eingriff, denn sie weiß, dass sie die richtige Wahl getroffen hat.

Christine Heppermanns Roman „Frag mich, wie es für mich war“ ist anders, grandios anders! Innerhalb weniger Stunden habe ich das Buch verschlungen und dennoch bin ich immer wieder an Sätzen und Wörtern hängengeblieben, habe zurückgeblättert, einige Stellen wiederholt gelesen um sie auf mich wirken zu lassen.
Um zu begreifen, warum das Buch mir so positiv aufgefallen ist, muss man wissen, dass Christine Heppermann das Buch nicht in gewöhnlichen Kapiteln verfasst hat. Stattdessen macht sie Gebrauch von Notizen, Gedichten, Tagebucheinträgen und kleinen Essays. Sätze brechen unerwartet ab, manche Seiten werden kaum ausgefüllt, oft wird man überrascht, die Titel sind teilweise Satzanfänge, die im Text fortgesetzt werden.
Die einzelnen Passagen mögen kurz sein, aber sie verweilen lange in meinem Kopf und regen zum Nachdenken an. Besonders die ungewöhnliche Struktur des Buches lädt dazu ein sich an Worten aufzuhängen und Sätze neu zu interpretieren und allen voran zu verstehen, wie Addie sich fühlt.
Insgesamt ein interessanter Schreibstil, der dennoch angenehm ist, wenn auch vielleicht nicht jeder sich mit ihm anfreunden wird. Trotzdem würde ich empfehlen dem Buch und seiner Autorin eine Chance zu geben, auch wenn sich der Schreibstil für dich zu ungewöhnlich anhört oder du eigentlich kein großes Interesse an der Thematik Schwangerschaft und Abtreibung hast.
Denn selten wurde ich so von einem Buch überrascht. Erwartet hatte ich einen seichten Jugendroman, den ich sonst eher der Kategorie „Urlaubsliteratur für den Strand“ zugeteilt hätte. Vielleicht war meine geringe Erwartungshaltung an das Buch aber auch gerade der Auslöser für meine letztendliche Begeisterung.
Ich bin in jedem Fall froh darüber, dass Heppermann mich mit einem unscheinbar wirkenden Jugendroman so überzeugen konnte.

Dad kann alles reparieren,
Papierstau, einen verstopften Abfluss, Bildschirmflimmern,
das beunruhigende Geräusch beim Starten des Motors. (…)
Wenn ich nur vergessen könnte,
wie er zusammengezuckt ist,
als meine Worte bei ihm ankamen.
Als ob etwas
zerbrochen wäre.
(Auszug aus dem Buch, S. 63)


Diese Stelle ist mir besonders in Erinnerung geblieben, gerade die letzten beiden Zeilen haben sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Heppermann, die Philosophie und Literatur studiert hat, versteht es den Leser in Atem zu halten, ihn dazu zu bringen inne zu halten und sich in Addie einzufühlen.
Zwischen den Zeilen bleibt eine Menge Raum für eigene Gedanken. Der Schreibstil ist außergewöhnlich. Einfühlsam. Anders. Berührend.

Das Buch „Frag mich, wie es für mich war“ möchte ich dir unbedingt ans Herz legen, niemand sollte verpassen es zu lesen!

Autorin / Autor: anker99 - Stand: 21. März 2018