Ferryman Der Seelenfahrer

Autorin: Claire McFall
Übersetzt von Ilse Rothfuss

„Ferryman – Der Seelenfahrer“ ist ein Buch von Claire McFall, das von einer Jugendlichen namens Dylan handelt. Diese gelangt nach einem Zugunglück, bei dem sie ihr Leben verlor, in das sogenannte Niemandsland – eine Art Zwischenstation zwischen dem menschlichen Leben und dem, was auch immer danach folgen soll. Auf dem Weg durch dieses Land wird sie begleitet von einem Ferryman, Tristan, der dafür zuständig ist, sie trotz Präsenz von verschiedenen Dämonen (welche nur angreifen können, wenn es dunkel/dämmrig wird) unbeschadet dorthin zu begleiten. Tristan selbst kann allerdings die Grenze zu dem „Endort“ nicht überschreiten. Auf dem mehrtägigen Weg dorthin verliebt sich Dylan in ihn – und Tristan sich in sie, sodass Dylan bei Ankunft am Zielort beschließt, zurückzukehren, um Tristan zu suchen und mit ihm in ihr menschliches Leben zurückzukehren.

*Meine Meinung*
Als ich mich – vor meinem Entschluss, das Buch zu rezensieren – ein wenig hierüber informierte, war ich zugegebenermaßen recht gespannt auf die Geschichte gewesen. Ich mag insgesamt gerne Bücher, die an die griechische Mythologie anlehnen (wie hier an Charon, den Fährmann) und hatte dementsprechend hohe Erwartungen an das Buch sowie eine gewisse Vorfreude.
Auf den ersten hundert Seiten haben sich meine Vorstellungen auch weitgehend erfüllt: Bis hierhin war die Geschichte einfach zu lesen, und ich habe sie mit Spannung verfolgt. Besonders positiv finde ich, dass sich der Einleitungsteil nicht ewig zieht, sondern die eigentliche Handlung mit dem Zugunglück recht früh startet.
Den Mittelteil hingegen fand ich persönlich weniger spannend. Mir ist insgesamt etwas schlecht aufgestoßen, dass die Autorin stark mit Geschlechterstereotypen arbeitet (Tristan als Mann, der als teilweise unnahbarer Retter und Beschützer fungiert, und Dylan als weinerliches, verletzliches oder trotziges Mädchen, das mehrmals nach Tristan ruft und ohne ihn zusammenbricht, statt sich einfach mal selbst zu retten oder den Mut aufzubringen, eine eigene Entscheidung zu treffen, statt ihm unselbstständig hinterherzulaufen oder gar von ihm Huckepack getragen werden zu wollen, um nicht selbst durch eine Sumpflandschaft waten zu müssen). Dementsprechend enttäuscht war ich demnach in diesem Teil des Buches, was mich dann auch daran hinderte, eine Bindung zu den Protagonist_innen aufzubauen.
Dazu muss ich allerdings sagen, dass das letzte Drittel des Buches schließlich doch einiges wieder wettgemacht hat. Hier hat Dylan dann zumindest mal den Mut, eigene Entscheidungen zu treffen (wenn sie sich auch später tatsächlich Huckepack tragen lässt) und sich auch mal gegen den Willen der Person, in die sie sich verliebt hat, durchzusetzen. Auch fand ich das Ende sehr gelungen, wenngleich ich sehr froh bin, dass der Anfang des zweiten Bandes als Leseprobe mit abgedruckt wurde, welcher das eigentliche Ende des ersten Bands für mich noch einmal besser abgerundet hat.

*Fazit*
Insgesamt finde ich, dass die Autorin mit der Geschichte eine schöne Idee verfolgt hat, die meine Erwartungen zwar nicht erfüllen konnte, aber dennoch insofern gelungen ist, dass ich aktuell auch den zweiten Band lesen würde, wenn ich ihn zur Hand hätte. Leider hat die Autorin sich mit den Geschlechterstereotypen und dem dadurch für mich nicht mehr gänzlich attraktiven Mittelteil viel genommen, wer so etwas aber gerne mag, wird mit der Geschichte sicher auf seine/ihre Kosten kommen.

*Erschienen bei Arctis*

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Autorin / Autor: Kyona - Stand: 9. April 2020