Die Wahl, die keine war

Facebook setzt neue Datenschutzrichtlinien in Kraft

Stell‘ dir vor du hast die Wahl und weißt nichts davon. Millionen Facebook-NutzerInnen konnten bis letzten Freitag abstimmen, ob sie mit den geplanten Daten-Richtlinien und Nutzungsbedingungen auf Facebook einverstanden sind. Doch die Abstimmungsfrist ist für die meisten ganz unbemerkt verstrichen – und das obwohl Facebook nach eigenen Angaben ausreichend Werbung geschaltet hatte. Die Abneigung gegen die neuen Richtlinien war jedenfalls groß: 87 Prozent der Beteiligten sprachen sich gegen die vorgesehenen Änderungen aus. Leider aber war die Beteiligung gering und so setzt Facebook die neuen Regeln jetzt trotz Kritik einfach um.

"Anstatt, wie in den Bedingungen versprochen, den Nutzern die Wahl über die Änderungsvorschläge zu geben, führt Facebook einen absurden Eiertanz auf: Da die Wahl laut Facebook erst bindend sein soll wenn 30 Prozent der Nutzer mitmachen, wurde sie so gut versteckt, dass es kein Nutzer mitbekommt", kritisiert Max Schrems, Sprecher der Protestbewegung „Europe vs. Facebook“. Bis zum Ende um 18 Uhr haben nur etwa 342.000 von 901 Millionen Nutzern abgestimmt, das sind 0,038 Prozent.

Interessant ist auch, dass nicht etwa über die eingebrachten Änderungsvorschläge abgestimmt werden konnte, sondern nur zwischen den alten und den neuen Datenschutzrichtlinien. „Die neue Datenschutzrichtlinie würde viele Dinge noch verschlimmern und entspricht auch nicht den Auflagen der zuständigen irischen Datenschutzkommission“, schreiben die Kritiker von europe-v-facebook.org.

Die Änderungsvorschläge sehen scheinbar mehr Transparenz vor: so will Facebook die NutzerInnen besser über ihre Rechte und Pflichten aufklären und die Datenverwendungsrichtlinien präziser erläutern. An diesem Punkt hätten die Wahlbeteiligten eventuell noch „gefällt mir!“ gedrückt. Was bei den Nutzerinnen und Datenschützern weniger gut ankommt ist, dass Facebook die Daten noch länger als bisher speichern will. So können NutzerInnen zwar auf den Entfernen-Button drücken, um ihre Beiträge zu löschen. Facebook erlaubt sich aber, die Daten auch noch Monate später zu speichern. Wer sich auf Facebook tummelt, kann sich darauf einstellen, mit noch mehr, auf die eigenen Interessen abgestimmten Werbeanzeigen bombardiert zu werden. Denn viele Änderungen sollten es Facebook ermöglichen, noch mehr Kapital aus den Nutzerdaten zu schlagen. So bezeichnet sich Facebook als „Controller“ und nicht mehr als „Host“ und verwaltet nicht mehr nur noch die Daten, sondern kontrolliert sie und ergreift von ihnen Besitz. „De facto ist das eine Enteignung der Nutzer, da deren Daten damit datenschutzrechtlich „Eigentum“ von Facebook würden“, kristisiert europe-v-facebook.org.

Auch die irische Datenschutzbehörde zeigte sich wenig begeistert von den Änderungen und wird vermutlich noch die einen oder anderen Richtlinien zu beanstanden haben.

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 11. Juni 2012