Ein kleines Wunder würde reichen

Autorin: Penny Joelson

Penny Joelsons Roman „Ein kleines Wunder würde reichen“ handelt von der 14-jährigen Jemma, in dessen Nachbarschaft ein Mord geschieht. Schon bald erhält Jemma ein Geständnis des vermeintlichen Mörders – doch hier kommt der Twist: Jemma ist vollständig gelähmt, kann sich weder bewegen noch sprechen. Wie also soll sie ihre ahnungslosen Mitmenschen warnen? Nur ein Wunder kann ihr jetzt noch helfen.
Liest man Zusammenfassungen oder den Klappentext von Penny Joelsons „Ein kleines Wunder würde reichen“, kann man schnell auf die Idee kommen, es handele sich um eine Kriminalgeschichte. Tatsächlich steht dieser Handlungstrang jedoch im Hintergrund. Vordergründig dreht sich die Geschichte um Jemma und handelt somit vom Leben einer Person, die komplett auf andere angewiesen ist und bei vollkommen klarem Verstand keine Möglichkeit zur Kommunikation hat.

Was schon nach den ersten Zeilen auffällt, ist, wie frustriert man sich als Leser angesichts Jemmas Zustand fühlt, was noch dadurch verstärkt wird, dass die Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählt wird. Man fühlt sich beim Lesen wie eingesperrt in seinem eigenen Körper – genau wie Jemma also. Die Frustrationsschwelle wächst, je weiter man liest. Das fängt schon bei Kleinigkeiten an: Jemma kann nicht einmal mitteilen, dass sie gerne eine Kopfschmerztablette hätte oder Ketchup auf ihre Pommes. Besonders brisant wird es dann natürlich, wenn sie ihren Mitmenschen nichts über das Mordgeständnis mitteilen kann.

Während des Lesens fragt man sich unaufhörlich, wieso es keine Kommunikationsmöglichkeit für Jemma gibt, wie beispielsweise das Blinzeln, was aber erst nach rund 70 Seiten geklärt wird. Am Anfang des Romans steht Jemmas vermeintliche Gleichgültigkeit krass der Frustration des Lesers gegenüber – bis man daran denkt, dass Jemma ihr ganzes Leben so gelebt hat und ihren Zustand wohl mehr oder weniger akzeptiert hat. Das wendet sich dann natürlich dadurch, dass Jemma plötzlich das große Interesse verspürt, zu kommunizieren. Sie möchte zum einen ihre Mitmenschen vor dem vermeintlichen Mörder unter ihnen warnen und zum anderen erfährt sie von der Existenz ihrer Zwillingsschwester, mit der sie gerne reden möchte.

Wer einen Kriminalroman aus einer ungewöhnlichen Perspektive erwartet, wird hier wohl eher enttäuscht. Wer aber die Welt rund 300 Seiten lang aus der Sicht eines vollkommen gelähmten Menschen sehen will, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen. Man bekommt ein Bild dafür, wie frustrierend es sein kann, sich nicht mitteilen zu können und wie ignorant selbst heutzutage noch viele Leute auf Handicaps wie das von Jemma reagieren.

*Erschienen bei FJB*

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Autorin / Autor: Lena - Stand: 3. September 2018