Azealia Banks - Broke With Expensive Taste

Ob "Broke With Expensive Taste" den Hip-Hop revolutioniert? Schon lange, mit jeder ihrer Singles, ist meine Antwort.

Diese EP wird sie zu einer Legende machen. Das innovativste Hip-Hop-Album der letzten zehn Jahre ist es und wird es die nächsten 25 Jahre bleiben, laut Azealia Banks. Mit ihren 23 jungen Jahren bleibt sie damit gewohnt selbstsicher. Provokant ist sie in ihren Aussagen, wie sonst keine weibliche Rapperin in ihrem Business. Ihre Songs, die sie seit drei Jahren mehr oder weniger konsequent veröffentlicht, werden zeitgleich zensiert. Von ihren krassen Songtexten bleiben nach der Zensur oft nur wenige Fragmente übrig. Doch wie viel bleibt von ihrer PR-Aussage übrig, wenn Fans sich ihre explizite EP „Broke With Expensive Taste“ anhören?

*Das Warten hat ein tanzbares Ende*
Jahrelang verschiebt sich das Veröffentlichungsdatum, Banks muss erst ihre Plattenfirma verlassen und ihre Touren absagen, bis sie die Muse dann doch plötzlich findet.
Anders lässt sich schwer erklären, warum sie jetzt aus dem Nichts ihre Debütplatte veröffentlicht. Vorgelebt hat es ihr Vorbild Beyoncé mit gleichnamigen Album „Beyoncé“...

Sechzehn Songs finden sich auf dem Album mit dem ästhetischen Cover einer azealischen Ballerina auf goldenen Noten, in geschnürten Ballettschuhen, gehüllt in Tutu und Tüll.
Alte und neue, verlangsamte, gemixte, und vorpreschend schnelle Musik.

*Die Berühmten*
„212“ kennen die Menschen auf dieser Erde, die nicht hinter dem Mond leben. Die Hymne an ihren Heimatbezirk Harlem in Manhattan ist im Soundtrack von „The Bling Ring“ (Sofia Coppala, 2012) und beschert ihr berechtigtes Lob und mediale Aufmerksamkeit. Auch 1991, eine Hymne auf ihren Jahrgang, ist ein Ohrwurm, indem ihre Tendenz zu den 90ern deutlich wird, ebenso wie ihr manikürtes Händchen für perfekte Inszenierung.

*Die Neuen*
„Heavy Metal and Reflective“ ist eine ihrer vielen Kampfansagen an Gott und die Welt, der Beat erinnert an einen Kasernenalarm und auf dem hören sich ihre Drohungen sehr geil an. „Chasing Time“ paart wiederum 90-er-Jahre Pop und schnellsten Rap mit ihrer typischen „Dich brauch' ich nicht“-Attitüde. Im Vergleich zu den raplastigen Stücken extrem tanzbar!

*Die Exzentrischen*
„Miss Amor“ und „Miss Camaraderie“ entziehen sich meinem Verständnis völlig. Beide beinhalten leicht abgeänderte Elemente anderer Songs des Albums. Sozusagen interne Remixe.

*Die Songs, die komplett aus dem Rahmen fallen*
„Nude Beach Go Go“ klingt wie eine Mischung aus Werbe-Jingle, Festtagssong und Serien-Theme. Genau deshalb bringt er automatisch zum Wundern – und Schmunzeln.
Auch „Desperado“ ist ungewöhnlich, beginnt langsam, zu zügigen Wortsalven von Banks. Nach und nach schwingt Electro-Swing mit, im Hintergrund eine markante, mystische Melodie.

Mein Favorit in dieser Kategorie: „Gimme A Chance“, denn hier sampelt sie nicht nur gekonnt die Indieband Enon, nein, der Song könnte eigentlich auch in drei Songs aufgesplittet werden, so viele Genres deckt er ab. Fast ziemlich genau bei der Mitte, beginnt sie sogar spanisch zu singen zu kubanischen Rhythmen. Ein Überraschungsbonbon!

*Die Badass-Bitch-Balladen*
Azealia Banks kann auch handzahm sein. Zumindest, was das Tempo ihrer Songs betrifft. In „Wallace“,„Ice Princess“ und „JFK“ lässt sie es ungewöhnlich langsam angehen, dafür kommen ihre Vocals hervorragend zur Geltung.

*Versprechen gehalten?*
Azealia und ich haben uns schon live und in Farbe bei ihrem einzigen deutschlandweiten Konzert gesehen, das sie nicht kurzfristig abgesagt hat. In dieser Nacht im Berliner Astra war sie kokett und charmant, ihre Haare tatsächlich so lang und wallend, wirklich so scharf wie in ihren Shootings, so textsicher rappte sie wie eine Göttin und sie gab keine Zugaben. Nach all dem positiven Einfluss durch diese junge Lady, verzeihe ich ihr sogar diesen leichten Anflug von Arroganz. Ob "Broke With Expensive Taste" den Hip-Hop revolutioniert? Schon lange, mit jeder ihrer Singles, ist meine Antwort. Das Album ist für mich nicht durchgängig so kraftvoll, aber beweist ihr geniales Ohr, ihre facettenreiche Stimme, und ihre deftige wie clevere Art zu denken und mit Worten zu spielen.

Autorin / Autor: Genna-Luisa - Stand: 20. November 2014