Dick durch Virus?

Infektion in der Kindheit könnte Übergewicht begünstigen

Wenn Kinder (oder auch Erwachsene) dick sind, werden sie stets verdächtigt, zu viel, zu fett und zu süß zu essen und sich kaum zu bewegen. "Selbst dran schuld", denken viele beim Anblick übergewichtiger Menschen.

Dabei sind die Ursachen für epedemieartige Ausbreitung der Dickleibigkeit bei weitem noch nicht so klar, wie viele meinen. Zwar stehen vor allem industrielle Nahrungsmittel, Überernährung und mangelnde Bewegung auf der Liste der Verdächtigen, aber es kann neben Stoffwechselerkrankungen und Veranlagung auch noch andere Gründe geben, für die die Betroffenen rein gar nichts können. Etwa ein Virus, der dick macht.

Der Adenovirus 36 (AD 36) - eigentlich ein eher harmloser Erkältungsvirus - steht schon länger im Verdacht, eine Rolle bei der Ausbildung von Speckpolstern zu spielen. In Zellkulturen etwa konnte gezeigt werden, dass er Stammzellen dazu verleitet, sich zu besonders großen und schnell wachsenden Fettzellen zu entwickeln. Die genauen Mechanismen sind aber noch nicht ausreichend erforscht.

Die Virus-Theorie hat nun durch ForscherInnen der University of California neuen Rückenwind bekommen. Sie haben in einer Studie mit 124 Kindern einen Zusammenhang zwischen einem hohen Gewicht und einer durchlebten AD-36-Infektion nachweisen können.
Von den 124 untersuchten Kindern war rund die Hälfte übergewichtig. 19 Kinder wiesen Antikörper gegen AD-36 auf - ein Zeichen dafür, dass sie mit diesem Virus bereits Kontakt hatten. Von diesen 19 AD-36 positiven Kindern waren 15 übergewichtig und wiesen auch ein höheres Gewicht auf als die anderen übergewichtigen Kinder, die noch keinen Kontakt zu dem Virus hatten.

Das miese Gefühl, immer selbst dran schuld zu sein

Wenngleich der Virus allein nicht bei jedem Mensch zu Übergewicht führt (auch vier "schlanke" Studien-Kinder hatten bereits Bekanntschaft mit dem Virus gemacht), so zeigen die Ergebnisse doch, dass er Fettleibigkeit zumindest begünstigen kann. Wie das genau funktioniert, muss aber noch näher erforscht werden.

Studienleiter Jeffrey Schwimmer plädierte vor dem Hintergrund der Ergebnisse dafür, endlich von den Schuldzuweisungen wegzukommen ("die sind doch selbst dran schuld") und stattdessen die Kenntnisse über die komplizierten Ursachen von Übergewicht zu vertiefen, um Dickleibigkeit erfolgreich vorbeugen und behandeln zu können.
Vor allem Kinder leiden stark unter der Bürde, übergewichtig zu sein und Schwimmer hofft, dass seine Untersuchungen helfen, ihnen einen Teil dieser Last zu nehmen - und sei es nur das miese Gefühl, immer selbst dran schuld zu sein.

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Autorin / Autor: Redaktion / eurekalert.org - Stand: 20. September 2010