Interview: Medienpädagogin

*Steffi Karn* ist Medienpädagogin. Sie hat Diplompädagogik studiert. Nach ersten Videokursen während des Studiums ließen sie die Medien nicht mehr los. Mit Kreativität und Durchhaltevermögen hat sie es zur freiberuflich tätigen Medienpädagogin geschafft.

*Was bist du von Beruf?*
Eigentlich habe ich mehrere Berufe. Gelernt habe ich Elektromonteurin mit Abitur, ursprünglich werden wollte ich Berufsschullehrerin. Über Umwege bin ich nun zu einem ähnlichen Beruf gekommen, ich arbeite derzeit als Medienpädagogin, d.h. ich gebe Unterricht an einer Berufsschule im Fach audiovisuelle Medien oder führe mit Kindern, Jugendlichen, Student/innen diverse Projekte im Medienbereich (Videokurse etc.) durch.

*Wann und wie geht es morgens bei dir los?*
Ganz unterschiedlich, da die Aufträge verschieden sind. Ich gebe mir die größte Mühe nicht vor 9:00 oder 10:00 Uhr mit Projekten oder Unterricht zu beginnen.

*Wie sieht ein typischer Arbeitstag von dir weiterhin aus?*
Auch das ist sehr unterschiedlich. Wenn ich unterrichte, muss ich leider zeitig aufstehen,  gehe in die Berufsschule und unterrichte meist 8 Stunden. Wenn ich mit z.B. Jugendlichen ein Videoprojekt durchführe, unterstütze ich sie bei der Umsetzung ihrer Ideen, d.h. wir arbeiten meist mehrere Tage an ihrem Filmprojekt, was von der Ideenfindung über den Dreh bis zur Nachbereitung alles umfasst. Dann entwickle ich noch Projekte und versuche diese umzusetzen. Also wirklich sehr unterschiedlich, aber gerade das ist das Spannende. Kaum ein Tag ist wie der andere.

*Wenn du auf das Arbeitsleben zurückschaust: Was war dein schönstes Erlebnis?*
Oje schwer zu sagen. Ich glaube, das schönste ist das jährlich im Sommer stattfindende Medienferienlager für Kinder und dieses Jahr ergänzend für Jugendliche. Die 14 Tage sind sehr intensiv und stressig, machen aber riesigen Spaß. Mehr unter www.filmcamps.de

*Welche deiner alltäglichen beruflichen Tätigkeiten macht dir weniger Spaß?*
Derzeit kann ich von der Tätigkeit als  Medienpädagogin allein nicht leben. Ich arbeite deshalb noch mit einer halben Stelle als Sozialpädagogin. Dazu habe ich eigentlich nicht mehr so viel Lust. Zudem beides zusammen etwas stressig ist, auch weil ich ständig umdenken muss.

*Als du angefangen hast zu arbeiten: Was war deine größte Befürchtung?*
Meine Unabhängigkeit zu verlieren. Aber das ist bisher nicht passiert. Zum Glück!

*Spielt Geld für dich eine Rolle? Oder ist dir der Spaß an der Sache wichtiger?*
Es wäre eine Lüge zu behaupten, Geld ist mir nicht wichtig. Ich habe Ansprüche, und um diese erfüllen zu können, benötige ich Geld.
Eine sinnvolle Verbindung zwischen Spaß und Geld wäre wohl das Ideal. Bisher konnte ich das ganz gut leben. Ich hatte immer Jobs, die Spaß machten. Da es keinen Job für mich als Medienpädagogin gab, war dies zunächst eine Nische. Ich machte immer mehr Projekte, so dass ich inzwischen fast davon leben kann und hoffe, dass ich es nächstes Jahr ganz schaffe, auch wenn ich einige finanzielle Einbußen hinnehmen muss.

*Was wolltest du mit 16 Jahren werden?*
Mit 16 – daran kann ich mich nicht erinnern. Über die Lehre als Elektromonteurin wollte ich Berufsschullehrerin für Elektrotechnik werden. Die reine Männergesellschaft an der Berufsschule nervte und stachelte mich an.

*Falls du den Beruf heute nicht ausübst, warum hast du den Wunsch fallengelassen?*
Ich habe ihn nicht fallen gelassen, nur konnte man in der DDR nur mit Stimmtest Berufsschullehrerin werden und den habe ich nicht bestanden. Irgendwie mache ich jetzt aber etwas ähnliches.

*Welche Situationen oder Menschen in deinem Leben haben dir bei deiner Berufswahl geholfen?*
Meine ursprüngliche Berufswahl hat mein Vater sehr beeinflusst. Beruf mit Abitur war klar, damit blieben nach der Ausbildung zwei Wege offen. So groß war die Auswahl an Berufen nicht, die beides (Beruf und Abitur) verbanden und außerdem sollte es ja auch technisch sein. Alles weitere war durch Zufälle bestimmt, die mit der Wende und den Abwicklungen im Zusammenhang stehen.


*Hast du Kinder? Möchtest du welche? Und hast du dir schon mal überlegt, wie du Beruf und Kinder unter einen Hut bringen kannst?*
Ich habe keine Kinder und möchte auch keine. Irgendwie kann ich es mir nicht vorstellen.

*Was meinst du: Inwiefern hast du es als Frau im Berufsalltag schwerer als deine männlichen Kollegen?*
Ich selbst hatte bisher keine Probleme, mich durchzusetzen. Trotzdem erlebe ich es immer wieder -gerade auch im sozialen Bereich - wie Männer Leitungsfunktionen bekommen, obwohl der soziale Bereich eine Frauendomäne ist.
Und in technischen Berufen sind viel zu wenig Frauen, dabei „sähe Technik wahrscheinlich heute ganz anders aus, wenn sie von aktiven lebenslustigen Frauen entworfen worden wäre“ (Rena Tangens). Ich selbst mache viele Videoprojekte mit Mädchengruppen - gerade in diesem Jahr, wo die MÄDIALE in Dresden ist - weil ich denke, es ist wichtig, dass Mädchen sich die Medien aneignen. Denn Medien sind in der heutigen Zeit mit Macht ausgestattet und bieten zudem auch gute berufliche Chancen.

*Welche Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten brauchst du zur Ausübung deines Berufes?*
Lust auf Technik und den Willen, diese zu verstehen, auch wenn sie sich heutzutage alle fünf Minuten ändert. Aber das ist auch der Reiz. Und natürlich Interesse mit den unterschiedlichsten Menschen zusammen zu arbeiten.

*Wie und wo hast du diese gelernt?*
Ich weiß nicht, vielleicht weil ich als Kind schon einen Elektrobaukasten und Metallbaukasten zum Spielen hatte und Puppen mir ziemlich egal waren, diese hatten keinen Spielwert für mich.

*Was war deine Ausbildung?*
Elektromonteurin mit Abitur. Auch in der DDR eine ziemliche Männerdomäne. Wir waren 7 Frauen im Jahrgang.

*Welche Hobbys hattest du mit 16 Jahren?*
Sport. Mein erster Berufswunsch mit ca. 12 Jahren war Sportlehrerin, da ich auch mal Leistungssport machte, dann kamen Knieprobleme.

*Was tust du heute am liebsten in deiner Freizeit?*
Da mein Beruf nicht so viel Bewegung mit sich bringt, ist es weiter Sport, zum Ausgleich. Ansonsten gehe ich ziemlich viel ins Kino. Bringt wohl der Beruf auch mit sich.

*Welche Tipps zur Berufswahl möchtest du den Lizzys mit auf den Weg geben?*
Geh Deinen Weg, auch wenn es nicht der direkte ist. Und wenn Du Dir unschlüssig bist, probier dich aus. Vielleicht findest Du in Deiner Umgebung Frauen, aus dessen Erfahrungen Du lernen kannst – so eine Art Mentorinnen.

*Gibt es außerdem noch etwas, was du zum Thema "Berufswahl" loswerden willst?*
Nicht so viel von anderen beeinflussen lassen, sondern die eigenen Wünsche umsetzen, so dass die Unabhängigkeit gelebt werden kann.

Autorin / Autor: ~at~ - Stand: 18. April 2001