Nightrunner - Vergiss, wer du warst

Autor: Lukas Hainer

„Nightrunner – Vergiss, wer du warst“ zeigt uns eine alternative, noch viel mehr von der Religion entzweite Erde, in der Magie Macht und Verderben zugleich sein kann.

Inhalt: Evelyn und Leonow wachsen in Wien und Sankt Petersburg auf. Während Leonow seine Schwester verliert und beim dubiosen Halbengel Fabergé unterkommt, muss Evelyn früh den Tod ihres Vaters verkraften und wird Zeugin davon, wie sich ein Krieg anbahnt. Im Verlauf des Buchs führt das Schicksal die beiden nicht nur zueinander, sondern hält auch unzählige Gefahren für sie bereit.
Das Buch spielt in einem alternativen Wien, in dem die Gesellschaft zwischen den unterlegenen Jesiten (Jesus-Anhänger) und den Prometisten (Prometheus-Anhänger) geteilt ist. Es kommt auch Übernatürliches ins Spiel: Auf der Welt gibt es Halbengel (mit und ohne Flügel) – außerdem spielen sogenannte Artefakte eine Rolle, die bestimmten Menschen magische Fähigkeiten verleihen können. Der Weltenbau ist interessant. Leider fehlen aber viele Erklärungen, sodass die von Hainer erschaffene Welt bis zum Ende nicht ganz schlüssig und plastisch wird.

Lukas Hainer hat einen sehr bildhaften Schreibstil und lässt viele Beschreibungen einfließen, jedoch leider manchmal an den falschen Stellen. Bestimmte technische Mechanismen fallen viel zu ausführlich aus, während die (Haupt-)Charaktere äußerlich kaum, gar nicht oder erst spät beschrieben wurden.

Dazu kommt, dass die ersten ca. 130 Seiten nichts mit dem Klappentext zu tun haben. Es handelt sich dabei eher um eine Vorgeschichte von Evelyn und Leonow, die im Nachhinein – nach einem mehrjährigen Zeitsprung – etwas überflüssig wirkt. Außerdem stößt im Laufe des Buchs ein dritter Protagonist hinzu, von dem im Klappentext keine Rede ist. Nicht zuletzt wegen des Zeitsprungs ziehen sich die offenen Fragen des Lesers durch das restliche Buch hinweg. Leider werden nicht alle davon abschließend beantwortet. Ich habe gelesen, dass das Buch ursprünglich nach dem Zeitsprung hätte beginnen sollen und die ersten hundert Seiten erst später hinzugefügt wurden. Ich denke, es wäre besser gewesen, bei der ursprünglichen Version zu bleiben – der Kurzweiligkeit und des Verständnisses wegen. Grundsätzlich finde ich Vorgeschichten und Zeitsprünge vollkommen in Ordnung, aber nicht, wenn sie mehr als ein Viertel des Buches beanspruchen.

Als Fazit möchte ich sagen, dass Nightrunner meine Erwartungen leider nicht erfüllt hat. Das Cover und Klappentext haben einen etwas irreführenden Eindruck von der Handlung des Romans gegeben. Die Grundidee ist sehr spannend, aber in der Umsetzung wurden meiner Ansicht nach die falschen Schwerpunkte gesetzt.

*Erschienen bei ivi*

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Autorin / Autor: Anabel - Stand: 24. April 2020