Soundtrack Herr Lehmann

"Eine liebevolle Zusammenstellung alter Klassiker und neuer Experimente" findet querdenkerin

Herr Lehmann. Ein deutscher Film von Leander Haußmann, der sich um das Leben von Frank (aka Herr Lehmann) Ende der 80er Jahre dreht. Deutschland ist im Umbruch, aber Herr Lehmann möchte eigentlich gar nicht, dass es vorwärts geht. Der Soundtrack zum Film ist nach dem prinzip "Tapen" zusammengesetzt; für die jüngeren unter euch: es gab auch mal eine Zeit ohne CD-Brenner und Co... Besondere Musik nahm man z.B: für Freunde auf Kassetten (Tapes) auf. Und besonders ist auch die Musik auf der CD. Die Tracklist sagt mir recht wenig - als Jahrgang 84 war das zwar nur knapp vor meiner Zeit, aber mehr als Vermutungen habe ich nicht. Klar ist, dass es sich nicht um Mainstreammusik handelt, sondern dem ersten Eindruck nach eine Mischung aus 80ern, Brit-Pop, Cross-over ist - Musik, die dem Zeitgeist entspricht?! Im Booklet steht die Frage, was für Musik das sei, die da liefe, am Anfang und gleich darauf folgt Herr Lehmanns Ausspruch "Keine Ahnung" - für ihn ist Musik nur da, damit Kneipenbesucher sich anschreien müssen, anstatt sich normal unterhalten zu können.

Auch ich denke, bei Nummer vier, dass man den Soundtrack nur in einer Kneipe ertragen kann - aber sonstwo? Ich entdecke Westbam auf dem Cover, aber nicht auf der tracklist - sehr suspekt, das Ganze hier. "Morgen früh sind wir schön oder tot oder beides"? Schon klar... Mittlerweile bei Nummer 10 angekommen, habe ich das Gefühl, die CD schon ewig zu besitzen. Die teils weit gefächerten Töne scheinen sehr vertraut und im Gegensatz zu vielen anderen Alben gefallen sie mir jetzt und hier - und auch später noch - ziemlich gut. Folk mischt sich zwischen den Pop, auch Klassikelemente. Gewagte Experimente und - wie ich später erfahre - zum Teil auch Remixe alter 80-er Klassiker. Langsam kommt ein Gefühl von "zu hause sein" auf. Der Weg von der Kneipe nach Hause ist geschafft. Die richtige Musik nach einer durchgemachten Nacht, aber nur, wenn man sich vorher schon einmal eingehört hat.

Auf andere wirkte die Scheibe unterschiedlich. Mainstreamhörer hielten oft wenig davon, andere, die Remixe wiedererkannten und länger zugehört hatten, waren begeistert. Für mich ist der Soundtrack eine liebevolle Zusammenstellung alter Klassiker und neuer Experimente. Die Tracklist an sich spielt keine große Rolle, will ein Lebensgefühl vermitteln - so wie "damals" mit den guten alten Tapes für beste Freunde. Kaufen, Leute, kaufen ;-) Und mit Herr Lehmanns Worten gesagt: "Bis denn, dann..."

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Autorin / Autor: querdenkerin - Stand: 20. Januar 2004