Work and Travel

Julia erzählt von den Hürden und Alltagstücken während ihres Auslandsjahres in Australien.

Bild: Julia Zange

Abitur in der Tasche und dann? Viele entscheiden sich zunächst für ein Jahr im Ausland: ob Work and Travel , Au Pair, FSJ oder das Erkunden der Welt auf eigener Faust. Julia hat die Zeit nach dem Abitur für eine kleine Auszeit genutzt und sich für Work and Travel in Australien entschieden. Zudem hat sie einen Teil ihrer Zeit in "Down Under" als Au Pair in einer australischen Familie gearbeitet.

Warum hast du dich damals dazu entschieden ein Auslandsjahr zu machen?

Ich wollte nach dem Abitur einfach mal raus aus Deutschland. Mir war wichtig Abstand zu allem zu gewinnen und einfach mal die süße Freiheit beim Reisen zu genießen. Abstand von dem spießigen Schulsystem, Abstand von zu Hause, Abstand von meinem sozialen Umfeld. Ich wollte einfach mal ohne Druck tun und lassen, was ich wollte und mich selbst ein Stück weit dabei finden.

Was hattest du für Erwartungen und Ängste?

Ich wollte inspirierende Menschen treffen und mich selbst in meiner Persönlichkeit weiter entwickeln. Angst hatte ich eigentlich nur vor Geldnot. Weitere Erwartungen habe ich natürlich im Bezug auf den Kontinent Australien gehabt. Die Landschaft ist natürlich wahnsinnig schön und auch auf die Kultur war ich gespannt.

Haben sich diese bestätigt?

Ja, auf jeden Fall. Ich habe sehr interessante Menschen aus aller Welt dort kennengelernt. Dafür eignet sich Australien nämlich super. Es findet dort ein Zusammentreffen von Backpackern aus den verschiedensten Ländern statt. Ich habe jetzt Verbindungen zu Freunden aus Finnland, Italien, Frankreich, England und verschiedenen Städten in Deutschland. Wenn ich will, kann ich sie jederzeit besuchen, und das ist eine wunderbare Sache. Die Angst vor der Geldnot hat sich allerdings auch bestätigt. Nachdem ich die Ostküste bereist habe, war ich erstmal pleite und musste 2 Monate in Melbourne arbeiten. Leider habe ich nicht ausreichend verdient, um viel weiterreisen zu können (das ging vielen Backpackern aber auch anders - ich will keinem Angst machen). Deshalb entschied ich mich dafür, die restlichen drei Monate Au Pair zu machen. Die Erfahrung als Au Pair war sehr lehrreich, könnte ich mich jedoch nochmal entscheiden, würde ich das nicht wiederholen. Ich wurde unterbezahlt und musste viel zu viele Stunden arbeiten. Andererseits ist die Arbeit als Au Pair eine gute Möglichkeit, etwas über die australische Kultur zu erfahren. In Hostels lernst du ja keine Australier kennen, sondern nur Reisende.

Was war dein schönstes und schlimmstes Erlebnis?

Ich hatte sehr viele schöne Erlebnisse, aber wenn ich eins als das schönste definieren soll, wäre das das Tauchen im Great Barrier Reef. Das war einer der schönsten Momente. Die schlimmste Erfahrung war jedoch die Zeit, in der ich pleite war.

In wie fern wurdest du von der Organisation unterstützt?

Mit einer Organisation zu reisen, hat sich bei mir leider kaum rentiert. Ich wurde soweit unterstützt, dass sie mir den Flug gebucht, ein Bankkonto eröffnet und mich die ersten Tage in das Backpackerleben einführt haben. Bei der Jobsuche waren sie auch nicht wirklich behilflich. In den ersten Wochen unterstützten sie mich. Als ich aber nach einigen Monaten nochmal in einem Büro nach Hilfe gefragt habe, wurde mir nur gesagt, dass die Besorgung von Jobs nicht in deren Aufgabenbereich fallen würde. Ich würde daher nicht nochmal mit einer Organisation reisen. Einen Flug buchen, ein Bankkonto eröffnen und ein paar andere Dinge planen kann man auch selber. Und wenn man Fragen hat, kann man diese auch immer an andere Backpacker richten. Man hilft und berät sich sowieso gegenseitig.

Was war dein erster Job?

Die Organisation hat mir in der ersten Woche eine WWOOFing Farm empfohlen. WWOOFing bedeute „work for accommodation“. Man erledigt dort täglich drei bis vier Stunden ein wenig Gartenarbeit und kann dafür umsonst in der Familie leben. Der Sinn dahinter ist die Kultur besser kennenzulernen und ein wenig Geld zu sparen. In meinem Fall waren wir einfach kostenlose Arbeitskräfte, die sechs bis acht Stunden am Tag arbeiten mussten und nur ausgenutzt wurden. So ähnliche Fälle habe ich auch von anderen Backpackern gehört.

Ist es schwer einen Job zu finden?

Es ist nicht so leicht wie man denkt, einen vernünftigen Job zu finden. Man wird meistens unterbezahlt. Zudem ist das Land überfüllt mit Backpackern, die alle einen Job brauchen. Meine Jobsuche in Melbourne sah so aus, dass ich zwei Tage lang 100 Lebensläufe in verschiedenen Cafés und Restaurants verteilt habe. Als ich dann einen Job gefunden hatte, wurde ich nur mit 11 $ die Stunde bezahlt, was viel zu wenig ist. 16 $ ist nämlich der Mindestlohn in Australien. Als ich dann dort wieder aufgehört hatte, suchte ich noch zwei weitere Wochen. Aber so muss es nicht jedem gehen. Das Ganze hat mit viel Glück und Organisation zu tun. Auf Farmen kann man auch ziemlich viel verdienen. Das ist allerdings wie bereits erwähnt ein Knochenjob, bei dem man die Zähne zusammen beißen muss. Wenn man vorher schon eine Ausbildung gemacht hat und spezifisch für einen Job geeignet ist, kann man auch sehr viel Geld in Australien verdienen. Aber so geht es ja den wenigstens Backpackern in Australien. Die meisten machen so eine Reise nach dem Abitur oder dem Bachelor.

Und wie bist du dann schließlich zu deinem Job als Au Pair gelangt?

Tatsächlich über eine Facebook Gruppe (Au Pairs in Perth). Durch eine Freundin, die selbst in Melbourne Au Pair gemacht hatte, habe ich davon erfahren. Sie war mit einer Organisation unterwegs, war aber sehr unzufrieden mit der Familie. Deshalb entschied sie sich für einen Wechsel. Dies funktioniert super leicht über Facebook und ist für Au Pairs in Australien Gang und Gebe, denn ein Familienwechsel ist nicht unüblich. In der Gruppe können sowohl die Familien, als auch die Au Pairs etwas posten. Wenn jemand Interesse hat, kann man die jeweiligen Betroffenen kontaktieren.

Wem würdest du ein solches Auslandsjahr empfehlen und was für Eigenschaften sollte man deiner Meinung nach mitbringen?

Jedem der gerne mal abschalten möchte und abenteuerlustig ist, empfehle ich ein Auslandsjahr. Man sammelt dort viele tolle Erfahrungen und baut neue Freundschaften und Verbindungen auf. Für Menschen, die schnell Heimweh bekommen und generell lieber ein strukturieteres Leben führen, ist Work and Travel vielleicht nicht unbedingt empfehlenswert. Wobei ich ja glaube, dass es jedem irgendwie gut tun würde und einem nützlich sein könnte. Man sollte offen für neue Dinge sein, denn dann kann man sicherlich eine schöne Zeit im Ausland verbringen.

Wie sehr hat dich diese Erfahrung in deinem Leben beeinflusst?

Ich bin viel offener und gelassener geworden. Ich glaube auch in meinem Denken hat es mich weitergebracht. Ich habe viele schöne Erinnerungen an Australien gesammelt, an die ich gerne zurück denke, wenn es mir mal schlechter geht. Denn die kann mir keiner mehr nehmen. Auch die negativen Erfahrungen die ich dort gemacht habe, haben mich geprägt und weitergebracht.