Augen zu, Ohren auf - Teil 3

500 Türen und keine dabei

Die meisten Geräusche werden nicht live aufgenommen, sondern stammen von Geräusch-CDs, auf denen vom Rülpser bis zum Rotkehlchen, von der Müllabfuhr bis zum Maschinegewehr, von der Autofabrik bis zum Affenbaby jedes nur erdenkliche Geräusch zu finden ist. Und doch ist natürlich meist das eine Geräusch, das man nun braucht, gerade nicht dabei. So trommelt die Regisseurin ungeduldig mit den Fingern auf den Tisch, während sich der Assistent, der für die nervenaufreibende Geräuschesucherei zuständig ist, den Schweiß von der Stirn wischt. 15 Holztüren hat er ihr schon vorgespielt, doch keine hat ihr gefallen. Zu leise, zu schwach, zu metallisch, zu langsam... Sie will eine Tür mit Wucht, die, die er ihr anbietet, haben nicht genug "Schmackes". Langsam hat der schwitzende Assistent keine Alternative mehr anzubieten....Dumm gelaufen, die Regisseurin muss mit einer etwas schwächelnden Tür vorlieb nehmen. Doch es kommt noch schlimmer. Die Szene verlangt ein Huhn, das aufgeregt gackernd umherrennt, gefangen und schließlich geschlachtet wird. Was zu einer aufwändigen Bastelorgie führt, denn das Ganze muss aus zahlreichen Einzelgeräuschen mühsam zusammengefügt werden.

Geräusche hin und her schieben

In Zeiten der analogen Aufnahmetechnik (also auf Tonbändern) war das natürlich richtig kompliziert. Da mussten die Geräusche quasi live eingespielt werden. Die fertig geschnittenen Szenen wurden vom Band abgespielt, und die Geräusche mussten genau im richtigen Moment vom Band dazu gespielt werden. "Achtung, bitte den Donner von Bandmaschine 1, dann einsetzender Regen auf's Stichwort von Bandmaschine 2, Tür auf von Bandmaschine 3..." So ähnlich lief das ab. Wenn die Tür dann zu spät abgefahren wurde, musste man mit allem nochmal von vorne anfangen. Im modernen Schnittsystem kann man die Geräusche locker hin und herschieben, bis alles genau an der perfekten Stelle sitzt. Bis zu 48 Spuren werden für ein richtiges Hörspiel gebraucht, auf denen die Stimmen der Sprecher, die Geräusche, Musiken und Effekte gemischt werden.

Raum für eigene Bilder...

Im Vergleich zu einem Film ist ein Hörspiel dennoch "schnell" gemacht.
Für ein einstündiges Hörspiel müssen etwa 1 bis 3 Wochen eingeplant werden. Außer den Schauspielern/Innen arbeiten 2-4 Leute (Toningenieur/In, Tontechniker/In, Regisseur/In, Assistent/In) daran . Ein vergleichsweise geringer Aufwand also für ein doch recht komplexes Resultat. Das Schönste am Hörspiel ist aber, dass es jede Menge Raum für die eigene Fantasie lässt. Also Augen zu, Ohren auf und sich die Bilder dazu selbst ausdenken.

Weitere Informationen für Hörspielbegeisterte

Autorin / Autor: ~sabine~ - Stand: 18. September 2002