Alles nur Fake!

Wen oder was kriegen wir eigentlich wirklich zu sehen, wenn die Schönen von der Leinwand herab grinsen?

Der Blick in den Spiegel am Morgen: geränderte Augen, eine kleine Ansammlung von Mitessern...hier ein Speckröllchen, das von dem Kilo Schokolade kommen muss, dort die Streifen vom schnellen Wachsen in die Höhe und in die Breite. Die Haare stehen struppig vom Kopf ab, die an den Beinen sind vom Rasieren mit stumpfer Klinge wieder mal eingewachsen und bilden diese hässlichen roten Pünktchen, die sommergesprosste Nase ist von der Sonne gerötet...Deprimierend! Besonders, wenn einen von Plakaten, Zeitschriften und auf allen Kanälen immer diese widerlich perfekten Menschen anlachen: makellose Haut, strahlend weiße Zähne, glänzendes Haar... Nicht ein Pickel, kein Fettpölsterchen, keine blauen Flecken, hervorstehende Adern...einfach nichts. Wie kann man bloß so einen perfekten Körper haben, fragt sich manche nicht ganz so Perfekte verzweifelt. Was für ein Geschenk der Natur!

Natur pur?

Wir ahnen es schon, soviel Natur ist gar nicht dran an den Superschönen aus Film und Fernsehen. Nun ist es kein Geheimnis, dass viele Promis wandelnde Implantate sind, dass die strammen, gen Himmel zeigenden Brüste von der Kunst platischer Chirugie zeugen und so mancher Kussmund aus dem Katalog stammt. Silicon ist längst gesellschaftsfähig und in den entsprechenden Kreisen ist es schon lange keine Schande mehr, sich alle drei Monate liften zu lassen.

Wenn die Chirugie nichts mehr ausrichten kann...

Doch auch mit allen Schönheitsoperationen stößt man an Grenzen, wie man unschwer am Gesichtswrack Michael Jackson ablesen kann. Das scheinbar unstillbare  Bedürfnis nach Perfektion muss also auf anderem Wege befriedigt werden. Im Film geht das zum Beispiel so: man nehme das Gesicht einer Schauspielerin X. Die Hände, die bei dieser viel zu grobschlächtig sind, ersetzt man durch die eines Handmodels, den Part des Hinterns, der in einer Szene in seiner ganzen Schönheit zu sehen sein soll, übernimmt ein "Hinternmodel". Naja, den Rest des Körpers kann man dann auch noch irgendwie zurechtpfuschen. Körperdoubles sind gefragt, vor allem in Hollywood ist deren Einsatz gang und gäbe! Kaum ein/e Schauspieler/In kommt ohne sie aus. Ob die Vorzeige-Schöne Julia Roberts in "Pretty Woman" oder Busenikone Pamela Anderson: sie alle brauchen in ihren Filmen lebende Ersatzteile für all die Bereiche, wo es die Natur dann doch nicht so gut gemeint hat mit den vermeintlich perfekten Schönheiten.

Mogelpackungen!

Im Printbereich kann man dank modernster Technik auf Körperdoubles verzichten. "Das einzig Echte sind ihre falschen Lippen und ihre falschen Titten", erklärt ein Magazinmacher gegenüber dem "Spiegel" über ein Pamela Anderson-Titelbild. Mit allen Tricks digitaler Bildbearbeitung wird gepusht, was den Gesetzen der Schwerkraft nachgibt, vergrößert, wo zu wenig und geschmälert, wo zu viel ist. Augen werden je nach Trend mal grün, mal blau eingefärbt, Falten geglättet, Pickel, Flecken und Adern wegretuschiert... Da kann es dann schon mal passieren, dass Augenfarbe und Oberweite eines Fernstehstars von Titelblatt zu Titelblatt variieren, je nachdem wie die Blattmacher den Geschmack ihres Publikums einschätzen.

Menschen aus Fleisch und Blut...

Ist es nicht pervers, dem per se unperfekten Menschen ständig eine unerreichbare Perfektion vorzugaukeln, der er dann ständig hinterherrennt, ohne dass er jemals die Chance hätte, sie auf natürlichem Weg zu erreichen? Wem nützt es eigentlich was, wenn Pop- und Filmstars so makellos daherkommen? Ist es wirklich so, dass die Konsumenten/Innen - also wir - sich das wünschen? Würdet ihr euch nicht auch eher freuen, wenn Britney Spears mal einen richtig dicken Pickel auf der Nase hätte? Wäre das wirklich verkaufsschädigend? Oder nicht viel eher der (un)schöne Beweis, dass wir eben alle Menschen aus Fleisch und Blut sind....

Autorin / Autor: Sabine Melchior - Stand: 1. August 2002