„Ein krankes Frauenbild“

Macht "Germany's next Topmodel“ magersüchtig? Ein Interview zum Thema Model-Casting-Shows.

Blonde Frau, die lächelt

Die Diplom-Journalistin Janina Heyn hat die Sendung „Germany's next Topmodel“ wissenschaftlich untersucht und festgestellt: Die Sendung könnte bei Mädchen zu Essstörungen und Minderwertigkeitsgefühlen führen. LizzyNet fragte sie, wie sie darauf kommt.

Janina, du hast ein Jahr lang die Sendung „Germany's next Topmodel“ für deine Diplomarbeit untersucht. Was war der Fokus deiner Arbeit?

Ich wollte mit der Arbeit zeigen, dass die Fernsehsendung ein stereotypes Schönheitsideal zeigt, das nicht der Realität entspricht. Dazu habe ich alle Folgen inhaltlich ausgewertet und sozusagen die perfekte Durchschnittskandidatin ermittelt.

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Was heißt stereotyp? Und was ist so schlimm daran?

Stereotyp bedeutet erst einmal nur, dass ein Schönheitsideal zum Idealtyp erhoben wird. Dieses Ideal entspricht bestimmten Normen, die nur sehr schwer erreichbar sind. Schaut man sich alle Kandidatinnen der zweiten Staffel an, muss man feststellen, dass sie sehr groß und extrem dünn sind. Manche von ihnen wirkten fast untergewichtig. Ich habe mich dann darauf konzentriert, die äußerlichen Gemeinsamkeiten der Mädchen zusammenzufassen. Die durchschnittliche Bewerberin war 1,77 Meter groß, hatte braune oder blonde Haare, war 20 Jahre alt und alle hatten einen sehr mageren, dünnen Körperbau. Die Mädchen hatten durchschnittlich einen Brustumfang von 86 Zentimetern, was an und für sich nicht so viel ist. Aber schaut man sich dann an, wie schmal sie sind, haben sie doch recht große Brüste. Die Taille der Mädchen betrug durchschnittlich 63 Zentimeter, die Hüfte 91 Zentimeter. Wir kommen damit dem 90-60-90-Ideal schon sehr nahe. Die Mädchen hatten alle große Augen, kleine Nasen, volle Lippen und eine reine Haut.

Und wie viel wogen die Mädchen so?

Das ist mal wirklich interessant: Wurde in der ersten Staffel das Gewicht der Kandidatinnen noch angegeben, gab es bei der zweiten Staffel nur die Maße. Nach der ersten Staffel hatte es ja große Kritik daran gegeben, dass eindeutig untergewichtigen Mädchen von der Jury gesagt wurde, sie seien zu dick.

Waren denn alle Mädchen untergewichtig – oder gar essgestört?

Das wird man sicher nicht rausfinden. Fest steht aber: Sie waren alle extrem dünn, krankhaft dünn. Und das ist das Fatale. Denn an und für sich ist es nicht schlimm, wenn in den Medien Ideale gezeigt werden – aber da, wo sie stereotypisiert werden, werden sie quasi zur Maxime. Das vermittelt gerade Mädchen in der Pubertät den Eindruck: Du MUSST so aussehen. Und das kann bei bestimmten Mädchen Minderwertigkeitsgefühle und sogar Essstörungen auslösen. Und mal ehrlich: Welches normale Mädchen sieht schon so aus wie eine dieser Kandidatinnen?

Hast du dich auch mit den Produktionsbedingungen der Sendung auseinandergesetzt?

Mit dem Konzept der Sendung schon. Aber es ist sehr schwer, an Informationen zu kommen. Die Sendung wurde fürs deutsche Fernsehen adaptiert. Das Konzept kommt eigentlich aus den USA, wo bereits die zehnte Staffel gelaufen ist.

Würdest du an so einer Show teilnehmen?

**lach** Ganz sicher nicht. Wahre Schönheit lässt sich sowieso nicht in einem Wettbewerb messen. Ich würde es aber auch keinem Mädchen empfehlen, dabei mitzumachen. Aber ich glaube, man kann es wohl auch niemanden verbieten.

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Autorin / Autor: Tina Groll - Stand: 20. November 2007