Zwischen Du und Ich

Autorin: Mirna Funk

Nike lebt in Berlin, ist Single und hat jüdische Wurzeln. Obwohl ihre Eltern sie nicht jüdisch erzogen haben, entscheidet Nike sich, Alija zu machen. Das bedeutet, dass sie nach Israel zurückkehrt, um dort die jüdische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Ganz aus dem Nichts kommt dieser Plan jedoch nicht: Sie bekommt ein Jobangebot in Tel-Aviv, das ihr nicht nur ermöglicht, ihre eigene Herkunft besser kennen zu lernen, sondern auch die Schrecken ihrer letzten Beziehung in Berlin zurück zu lassen. Und so startet Nike in ihr neues Abenteuer, lernt eine für sie neue Sprache und Kultur kennen. Zufällig trifft sie auch auf Noam: Ebenfalls Jude, sein Leben ist geprägt von Unbeständigkeit und seiner traumatischen Vergangenheit. Auf wundersame Weise nähern sich die beiden einander an: Noam wird zu Nikes Fremdenführer in Tel-Aviv, und Nike bringt eine neue Stabilität in Noams Leben. Doch reicht die Anziehung zwischen den beiden, um einer Vergangenheit zu entkommen, die sie einzuholen droht?

*Meine Meinung*
Mirna Funk hat mit „Zwischen Du und Ich“ keinen Roman über das Jüdisch-Sein verfasst. Es ist anders als die typischen Bücher, die aus dem Leben einer jüdischen Person erzählen, um dem Leser dieses Thema näher zu bringen. Stattdessen ist der jüdische Glaube, der Nike und Noam in gewisser Weise verbindet, nur die Leinwand, auf der sich ihre Geschichte entwickelt. Diese Geschichte ist rasant, vielschichtig, unangenehm und doch manchmal liebevoll. Sowohl Nike als auch Noam haben schlimme Dinge durchlebt, deren Schilderung meiner Meinung nach mit einer Trigger-Warnung versehen werden sollte. Häusliche Gewalt, sexueller Missbrauch, Pädophilie – all diese Themen kommen vor, sind Teil der Geschichte, und doch nicht das Zentrum der Handlung. Entsprechend werden sie auch nicht „zu Ende“ erzählt, es gibt keine Auflösung und kein Happy End.
Dieser Umstand entspricht dem Erleben der Protagonisten und entspricht der Realität, und doch hätte ich mir zumindest teilweise einen anderen Verlauf, eine andere moralische Wertung gewünscht, um vor allem den Handlungen von Noam einen passenderen Kontext zu geben. Auch wenn ich das Buch gerne gelesen habe, kann ich es nur bedingt weiter empfehlen. Wer die oben genannten Schilderungen nur schwer erträgt, oder auf der Suche nach einer klassischen Liebesgeschichte oder gar einer eher didaktischen Erzählung über ein jüdisches Leben ist, der ist hier an der falschen Adresse. Leser hingegen, die sich für einen kulturell diversen und teilweise schmerzhaft-unangenehmen Roman mit einem flüssigen und natürlichen Erzählstil interessieren, denen kann ich „Zwischen Du und Ich“ ans Herz legen.

*Erschienen bei dtv*

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Autorin / Autor: Lacrima - Stand: 25. Mai 2021