Wenn Stereotype über Noten siegen

Zwei neue Studien untersuchten, warum der Anteil von Mädchen und Frauen in MINT-Berufen sich so schwer steigern lässt

Trotz aller Bemühungen, den Anteil von Mädchen und Frauen in Berufen mit technischem, mathematischem oder naturwissenschaftlichem Hintergrund (kurz MINT-Berufe) zu erhöhen, bewegt sich das Zahlenverhältnis zwischen den Geschlechtern nur minimal. Ein Grund dafür ist auch die immer noch seltene Präsenz von MINT-Frauen in den Medien. Wie eine soeben veröffentlichte Studie der Lyda Hill Foundation und des Geena Davis Instituts an der Mount Saint Marys University ergab, sind 62,9 Prozent der in den Medien vorkommenden MINT-Profis Männer, also doppelt so viel wie Frauen. Dabei gab ein Drittel der in der Studie befragten Mädchen und Frauen an, durchaus schon an eine MINT-Karriere gedacht zu haben, aber nur ein Viertel wollte diesen Plan auch tatsächlich weiterverfolgen.
82,7 Prozent der Mädchen und Frauen halten es für wichtig, dass sie in MINT-Zusammenhängen in Film und Fernsehen auftauchen, und sie erwägen eher einen MINT-Beruf, wenn sie persönlich jemanden aus dem Bereich kennen, ein Rollenmodell haben und Lehrkräfte, Freund_innen und Familienmitglieder sie dazu ermutigen.

Einen weiteren Grund für die größere Abwesenheit von Frauen in MINT-Berufen nahmen jetzt Forscher_innen der australischen University of New South Wales unter die Lupe: Oft wird immer noch unterstellt, dass Mädchen in MINT-Fächern nicht so gut abschneiden wie Jungen und deshalb auch nicht in die Berufe gehen würden. In der internationalen Meta-Studie mit 1,6 Millionen Schüler_innen ab sechs Jahren bis zur Universität konnte die Doktorandin Rose O'Dea zeigen: Stimmt nicht! Mädchen und Jungen schneiden in MINT-Fächern sehr ähnlich ab - auch bei den Klassenbesten. So ergab die Analyse, dass die besten 10% einer Klasse gleich viele Mädchen und Jungen enthielten.

Warum aber führen diese Zahlen nicht zu einer gleichwertigen Teilnahme an MINT-Jobs im späteren Leben?
"Auch wenn Männer und Frauen die gleichen Fähigkeiten haben, betreten Frauen im MINT-Bereich kein gleiches Spielfeld - und deshalb gehen sie oft Wege mit weniger männlicher Konkurrenz", erklärt O'Dea. "Wir haben Zum Beispiel festgestellt, dass die Notenübereinstimmungen zwischen Mädchen und Jungen in MINT-Fächern größer als bei anderen Fächern, was bedeutet, dass Mädchen in Nicht-MINT-Bereichen weniger mit Jungen konkurrieren müssen."

Hinzu kämen stereotype gesellschaftliche Überzeugungen darüber, in welchen Bereichen Mädchen erfolgreich sind und die Tatsache, dass Mädchen, die versuchen, auf diesen Gebieten erfolgreich zu sein, oft durch Gegenreaktionen behindert würden. "Das Stereotyp, Mädchen seien nicht gut in Mathe, macht es Mädchen tatsächlich schwerer, gut in darin zu sein, sowohl aus eigener Wahrnehmung als auch aus der Sicht von anderen", so O'Dea.

Auch wenn es keine einfachen Lösungen gibt, um das MINT-Problem zu lösen, in den Empfehlungen stimmen aber beide Studien überein: die starken negativen Stereotypen und unbewusste Vorurteile müssen beseitigt werden, und die Mädchen brauchen mehr weibliche MINT-Rolemodels wie Mathelehrerinnen und erfolgreiche naturwissenschaftliche Vorbilder - etwas Großartiges, nach dem man streben könne.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilungen