Was ist eigentlich dieses LGBTIQ*?

Autor_innen:  Linda Becker, Julian Wenzel
Illustratorin: Birgit Jansen

Das Buch „Was ist eigentlich dieses LGBTIQ? Dein Begleiter in die Welt von Gender und Diversität“ von Linda Becker, Julian Wenzel und Birgit Jansen ist ein Sachbuch für Kinder und Jugendliche, welches einen ersten Einblick über non-heteronormative Themen und Lebenswelten gibt.

Es untergliedert sich in einen allgemeinen Einstieg in das Thema LGBTIQ (was ist damit gemeint?), in die Geschlechtsvielfalt (Anzahl an Geschlechtern), Geschlechtsidentitäten, sexuelle Orientierungen, Familienfragen, Coming-Out und Aussehen, Umgang mit LGBTIQ-Menschen (wie rede ich mit ihnen), Diskriminierung gegenüber LGBTIQ und Rechte von LGBTIQ-Menschen. Zusätzlich gibt es in dem Buch kleinere Aufgaben zur Selbstreflexion.

An sich empfinde ich das Buch als sehr nett gestaltet. Mit seinen knapp 130 nicht überfüllten Seiten ist es auch innerhalb eines Tages schnell gelesen. Die Sprache ist dabei sehr „jugendlich“ gehalten, d.h. wenig komplex und der (mutmaßlichen) Zielgruppe angepasst.
Das Buch gibt einen ersten Überblick über das Themenfeld LGBTIQ, welcher als Einstieg sicher angemessen ist, viele Aspekte dennoch nur anschneiden kann. Besonders positiv werte ich dabei die Interviews mit sich selbst bestimmten „Gruppen“ zugehörig fühlenden Personen (einer lesbischen Person, einer schwulen, einer a-binären, …) sowie die bereits oben erwähnten kleineren Aufgaben zur Selbstreflexion.

Dennoch gibt es in dem Buch auch einige Aspekte, die mir weniger gut gefallen haben. So wird das Kapitel über Asexualität zum Beispiel sehr knapp gehalten (hier gibt es auch kein Interview mit jemandem) und obwohl teilweise darauf verwiesen wird, dass es mehr als nur die genannten gibt, hätte ich mir an dieser Stelle noch einmal einen Verweis auf die Graustufen der Asexualität gewünscht (wobei es auch unzählige Begriffe gibt).

Manche Begriffsdefinitionen stelle ich darüber hinaus infrage. So heißt es in dem Kapitel zu cis-Menschen, dass dies Menschen seien, die mit dem Geschlecht, das ihnen bei er Geburt zugewiesen worden ist, ZUFRIEDEN seien (vgl. S.30). Dies stimmt meiner Ansicht nach nicht vollkommen. Cis-Menschen sind jene, die sich mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde, IDENTIFIZIEREN, ob sie damit zufrieden sind, kann noch einmal eine ganz andere Frage sein.

Als letzter Kritikpunkt bleibt mir noch anzumerken, dass die Diskriminierung mir persönlich etwas zu ungenau geblieben ist. Ich weiß nun, dass LGBTIQ-Menschen diskriminiert werden – aber wie genau, außer in der Sprache mit Schimpfwörtern wie „schwul“ (…) bleibt offen. Auch in dem Kapitel zu Familien wird gesagt, dass auch zwei Männer Kinder bekommen können – aber die hier genannte Benachteiligung wird zum Beispiel nicht weiter beleuchtet (ja, können sie – aber in Deutschland keine leiblichen, sofern nicht aus einer vorherigen Beziehung mitgebracht). Auch kenne ich viele LGBTIQ-Menschen, bei denen das Umfeld nicht so positiv wie bei den interviewten Personen reagiert hat, was sicher auch noch einmal spannend zu hören gewesen wäre .

Alles in allem ist es ein nettes Buch, welches ansprechend gestaltet ist und das darauf zielt, einen ersten Überblick zu geben, sowie „Betroffenen“ Mut zu machen, sich ggf. einer dieser „Kategorien“ zugehörig zu fühlen. Dieser gewählte Schwerpunkt geht allerdings auf Kosten eines detaillierteren Überblicks, der in differenzierter Weise tatsächlich bestehende Diskriminierungsstrukturen aufzeigen könnte. Das Buch orientiert sich bei den Themen der sexuellen Orientierung darüber hinaus stark an den bekanntesten Kategorien.


*Erschienen bei Oetinger*

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Autorin / Autor: Antonia - Stand: 2. August 2021