Vom Suchen und Finden

Autor: Kenneth Oppel
Gestaltung von Frauke Schneider
Einbandillustration von Wolfgang Staisch
Aus dem Englischen von Sandra Knuffinke / Jessika Komina

Buchcover Vom Suchen und Finden

USA, 1870: Bereits seit Jahren sind die beiden ambitionierten Wissenschaftler Michael Bolt und Michael Cartland erbitterte Rivalen – während es Cartland gelungen ist, das zweite überhaupt je in Nordamerika entdeckte Dinosaurierskelett zu bergen und zu identifizieren, hat Cartland eine hochdekorierte Professur an der Yale University inne und müht sich aus dieser Autoritätsposition heraus nach Kräften, ähnliche Bestrebungen seines Konkurrenten zu vereiteln. Beide Forscher werden bei ihren wissenschaftlichen Projekten jeweils von ihren interessierten, hochmotivierten und durchaus sehr professionell arbeitenden Sprösslingen unterstützt, die gleichermaßen als Halbwaisen aufgewachsen sind: Bolts siebzehnjähriger Sohn Samuel, der neben seinem Intellekt auch mit jeder Menge Charme und gutem Aussehen punkten kann, sowie Cartlands gleichaltriger introvertierter, unauffälliger, aber hochintelligenter Tochter Rachel.

Auf einer Paläontologentagung in Philadelphia, auf der Bolt seinen Dinosaurier erstmals einem Fachpublikum eingehender erläutern will, treffen Samuel und Rachel zum ersten Mal aufeinander, und obwohl er sie äußerlich nicht sonderlich attraktiv findet und sie gerade aufgrund seines selbstbewussten Auftretens als offensichtlicher Frauenheld Vorbehalte gegen ihn hat, merken die beiden schnell, dass sie intellektuell auf einer Wellenlänge liegen und gute Gespräche miteinander führen können. Eine Vertiefung ihres ersten Kennenlernens im Vorfeld von Bolts Vortrag vereitelt jedoch ein hässlicher Zwischenfall zwischen ihren Vätern: Bolts jähzorniges Temperament und Cartlands herablassende Arroganz haben die beiden in der Vergangenheit mehrfach an den Rand tätlicher Auseinandersetzungen gebracht, und bei ebenjener Tagung eskaliert die Situation, als Cartland Bolt offen bloßstellt und darauf hinweist, dass dieser das Dinosaurierskelett grob fehlerhaft zusammengesetzt hat. Es kommt zu einer öffentlichen Schlägerei, vor allem aber sieht sich Bolt aus wissenschaftlicher Perspektive ruiniert.

Eine unerwartete Hoffnung, seinen Ruf wiederherzustellen, eröffnet sich ihm jedoch, als wenig später eine Postsendung eines Hobbyarchäologen aus Wyoming bei ihm zu Hause eintrifft: In der Kiste befinden sich Fragmente eines Saurierzahns, und Bolt ist unmittelbar klar, dass die Echse, aus deren Kiefer er stammt, größer als alle bisher gefundenen Dinosaurier gewesen sein muss. Auch Samuel ist Feuer und Flamme, und er ist es, der seinen Vater überredet, diesmal selbst die Ausgrabungen in die Hand zu nehmen und an Ort und Stelle mit eigenen Händen nach weiteren Fossilien zu graben. Selbstverständlich ist Bolt erpicht darauf, seine Ambitionen geheim zu halten, da er erneut eine Einmischung Cartlands fürchtet.

Zeitgleich bereitet sich – noch ohne das Wissen um den spektakulären Fund – auch Cartland in Begleitung von Rachel auf eine Reise zu einigen vielversprechenden neuen Ausgrabungsstätten im Westen vor. Es dauert nicht lange, bis sich die beiden Expeditionsgruppen in die Quere kommen, und beinahe eskaliert die Situation, da Bolt sich weigert, das Ausgrabungsareal pauschal untereinander aufzuteilen. So graben sie beinahe Seite an Seite und versuchen mit unterschiedlichen Strategien, die aussichtsreichsten Fundstellen schnellstmöglich für sich zu reklamieren. Die einzigen, die über diese nervenaufreibenden Arbeitsbedingungen insgeheim froh sind, sind Samuel und Rachel, die so Gelegenheit finden, sich heimlich zu treffen, und allmählich beginnen, sich ineinander zu verlieben ...

*Meine Meinung*
Eine von Beginn an fesselnde, inhaltlich komplexe und spannend erzählte Geschichte, deren realhistorische Vorlage und die große Authentizität der Schilderungen zusätzlich zum Reiz des Textes beitragen. Auch die außerordentlich glaubwürdig porträtierten und sympathischen Protagonisten mit ihren menschlichen Schwächen und Fehlern, die den Leser schnell für sich einnehmen, überzeugen auf ganzer Linie, und das ausgewogene Verhältnis von temporeichen, aktionsgeladenen Szenen und emotionalen Konflikten macht den Roman zu einer Lektüre, die man nicht mehr aus der Hand legen mag – zumal die Übersetzung von Sandra Knuffinke und Jessika Komina grandios die Atmosphäre der Geschehnisse in all ihrer Historizität einfängt und es dem Leser leicht macht, vollends in die Handlung einzutauchen. Ein Leseerlebnis, das man so schnell nicht vergisst.

*Erschienen bei Dressler*

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Autorin / Autor: Fabienne - Stand: 21. August 2017