Völlig meschugge?!

Autor: Andreas Steinhöfel
Gezeichnet von: Melanie Garanin

Andreas Steinhöfel, der Autor von „Völlig meschugge?!“, ist mir vor allem von „Die Mitte der Welt“ (Buch) in Erinnerung geblieben. Er schafft es, sensible Themen in interessanten Geschichten und Charakteren zu verpacken. Da mich die Debatten rund um Kulturunterschiede, Herkunft und Integration sehr interessieren, wollte ich unbedingt diese neue Graphic Novel (gezeichnet von Melanie Garanin) lesen.

Es ist ein ganz schön dickes Buch geworden, was zeigt, dass dieses Thema nicht einfach mal in einem kurzen Comic abgehandelt werden kann.

Wir treffen in „Völlig meschugge?!“ (das heißt so viel wie „total verrückt/durchgedreht“) auf Charlie, Hamid und Benny. Charlie ist eine sehr mutige, aktivistische Schülerin, die gerne in gelben Gummistiefeln herumrennt. Benny ist der sportliche Überflieger, und Hamid zeichnet liebend gerne Mangas über sein Leben.
Die drei sind unzertrennlich und verbringen in der Freizeit viel Zeit zusammen. Während Charlie ihre Demos plant, spielen Benny und Hamid auch mal zusammen mit der Eisenbahn.

Schon zu Beginn des Bandes erfahren wir aber auch von Unruhen und Stress an der Schule der drei, es werden Smartphones geklaut, und die Stimmung in der Klasse ist schlecht, es existieren Banden, die den Dreien und auch anderen Schüler_innen das Leben schwer machen.

Eines Tages verstirbt Bennys Opa, der Jude war und ihm eine Davidstern-Kette vermacht. Benny trägt diese als Erinnerung an seinen Großvater auch in der Schule. Manche Schüler reagieren ungehalten darauf, und er gerät ins Visier von antisemitisch eingestellten Jugendlichen. Plötzlich beginnt auch die Freundschaft zu Hamid, der Moslem ist, zu bröckeln. Sie werfen sich Dinge an den Kopf, die sie selbst noch nicht richtig verstehen, und das große Misstrauen beginnt. Da taucht dann auch mal ein geklautes Handy in Hamids Spind auf, und jemand will ihm diese Straftat in die Schuhe schieben.
Da die drei Freunde mittlerweile kaum noch miteinander reden, ermittelt Charlie auf eigene Faust, um die Diebstähle aufzuklären, Benny, der sehr unter den Anfeindungen leidet, beschäftigt sich mit dem religiösen Erbe seines Großvaters, und Hamid zeichnet und sucht Rat bei seinem Imam.

Doch die Lage schaukelt sich immer mehr hoch. Die Streitereien, das Mobbing und die Gewalt untereinander werden auch ein großes Thema an der Schule. Doch die Lehrkräfte setzen – bis auf einer - eher auf allgemeine Prävention, als sich konkret mit den Schüler_innen und ihren Streitpunkten auseinanderzusetzen.

Als Benny nach einem gewalttätigen Angriff auf ihn plötzlich verschwindet, müssen die beiden übrigen Freunde all ihren Mut zusammen nehmen und über ihren Schatten springen, damit sie Benny und ihre Freundschaft retten können...

*Meine Meinung*
Rund um diese hochspannende Story streifen wir die ganzen heftigen und schwierigen Themen rund um Weltreligionen, Kultur, Rassismus und Freundschaft.
Hintergrund der Graphic Novel ist die Kurz-Serie mit selbem Namen, die auf KiKA lief und nun aus der Perspektive von Charlie erzählt wurde. Die Serie richtete sich wohl klar an junge Menschen - an wen sich die Graphic Novel/Comic richtet, ist mir noch nicht klar. Einerseits war es eine Story nah an den Jugendlichen dran, die wertvolle Einblicke in verschiedene Familien und Religionen/Kulturen gibt aber auch wichtige Themen aufzeigt, andererseits war sie aber auch sprachlich so weit weg, dass man einfach merkt, dass es jemand verfasst hat, der um einiges älter als die Protagonisten ist. Es wollte nicht so recht passen. Auch den Einblick in die unterschiedlichen Lebenswelten der drei Freunde fühlte sich z.T. nicht sehr authentisch und etwas klischeehaft/verstaubt an.

Mir hat diese Kombi aus Zeichnungen, spannender Story und guter Message (die Lehrkräfte sollten sich mehr in die Lebenswelt der Schüler_innen einfühlen; Freundschaft steht über allem etc.) gut gefallen, aber richtig rund hat sich das gesamte Werk vor allem durch die altmodische Sprache und etwas klischeehaften Charaktere nicht angefühlt. Aber vielleicht habe ich da auch zu hohe Erwartungen - es ist schon schwer genug, diese Elefantenthemen in eine gut zu lesende Geschichte mit Aussage zu verpacken.

*Erschienen bei Carlsen*

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Autorin / Autor: Verena T. - Stand: 27. Mai 2022