Versteckte Chancenungleichheit

Uni-Absolvent_innen aus Familien mit geringem Bildungsniveau haben es beim Berufseinstieg schwerer

In Deutschland hat doch wohl jede_r die gleichen Bildungschancen; egal ob Mutter und Vater studiert haben, als Handwerker_innen arbeiten oder bei Aldi an der Kasse sitzen - ihren Kindern stehen alle Bildungseinrichtungen offen, und viele machen inzwischen nicht nur Abitur, sondern erlangen auch einen Hochschulabschluss. Trotzdem haben es Uni-Absolvent_innen aus Familien mit geringem Bildungsniveau beim Berufseinstieg schwerer als Kinder aus begünstigteren Verhältnissen, so eine aktuelle Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU).

Auslandsaufenthalte, Praktika, Netzwerke

„Beim Berufseinstieg ist Leistung noch nicht so sichtbar, zugleich zählen Auslandsaufenthalte und Praktika, die sozial selektiv sind, sowie das Netzwerk der Eltern. Junge Akademikerinnen und Akademiker, deren Eltern über wenige Ressourcen verfügen, haben daher eher Probleme beim Jobstart“, sagt LMU-Soziologe Dr. Fabian Kratz. Erst mit zunehmender Berufserfahrung gelingt es ihnen, diesen Nachteil wettzumachen. Kommen Kinder dagegen aus Familien mit hoher Bildung verhelfe ihre Herkunft dagegen zu einem „Happy Start“.

Fabian Kratz und Bettina Pettinger vom Lehrstuhl für Quantitative Ungleichheits- und Familienforschung am Institut für Soziologie der LMU haben in Zusammenarbeit mit Professor Michael Grätz von der Universität Lausanne einen innovativen statistischen Ansatz entwickelt. Damit können sie nachzeichnen, welchen Einfluss elterliche Ressourcen je nach Bildungsstand des Kindes auf den Berufsweg haben.

Bildungsstand der Eltern formt Karrieren

Die Untersuchung bestätigt: Lebenschancen werden in Deutschland vererbt. Welche Bildungschancen Kinder haben, hängt offenbar immer noch stark von ihrer familiären Herkunft ab. Selbst jene Kinder, die selbst nur einen niedrigen Bildungsabschluss erreichen, profitieren laut den Forschenden davon, wenn sie aus einem höheren Bildungsmilieu kommen, denn: Im Laufe ihres Berufslebens zahlt sich ihre Herkunft wieder aus. „Sie sind motiviert, diesen Malus auszugleichen, und haben gute Chancen, im weiteren Karriereverlauf den Prestigeverlust durch ihren niedrigen Abschluss wieder aufzuholen“, so Kratz.

Diese Entwicklung lässt sich dagegen bei Kindern aus bildungsarmen Haushalten nicht nachzeichnen: Schaffen sie keinen höheren Schulabschluss als ihre Eltern, werden sie das auch später nicht mehr aufholen können, so die Forschenden.

Teuren Auslandsaufenthalten oder Praktika weniger Bedeutung beimessen

Um Uniabsolvent_innen aus bildungsarmen Familien zu unterstützen, schlägt der LMU-Soziologe vor, Informationsveranstaltungen und Vernetzungstreffen zum Berufseinstieg speziell für diese Gruppe anzubieten. Arbeitgeber_innen rät er, sozial selektiven Merkmalen wie teuren Auslandsaufenthalten oder Praktika beim ersten Job weniger Gewicht beizumessen und stattdessen die Leistung von Bewerber_innen anerkennen, wenn es diese gegen die Wahrscheinlichkeit ihrer Herkunft geschafft haben, einen Hochschulabschluss zu erwerben.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung