Verflucht ehrlich!

Psychologie: Sind Menschen, die viele Schimpfwörter verwenden, ehrlicher?

Sprechblasen mit Wutsymbolen

Wer flucht, ständig mit Kraftausdrücken um sich wirft und seine spontane Wut einfach nicht unter Kontrolle hat, wird oft als etwas grob und aggressiv eingeschätzt. Schimpfwörter beinhalten häufig sexuelle oder vulgäre Elemente, was den, der sie ausspricht nicht unbedingt in einem guten Licht erscheinen lässt. Dabei kann man Gefluche auch als eine Art ungefilterte Emotion sehen, welche sich in Form einer Schimpftirade besonders ehrlich und authentisch manifestiert.
Ob fluchende Menschen tatsächlich ehrlicher sind, hat ein internationales Forscherteam im Rahmen einer psychologischen Studie untersucht.

Sie ließen 276 Teilnehmer_innen zunächst ihre am häufigst verwendeten Schimpfwörter auflisten. Sie sollten außerdem festhalten, warum und in welchen Situationen sie diese Wörter benutzen. Anschließend wurden sie einem Lügendetektortest unterzogen, bei dem Fragen gestellt wurden wie "Wenn Sie sagen, sie tun etwas, halten sie dann immer ihr Versprechen, egal wie unangenehm das sein könnte." Bei dieser häufig verwendeten Ehrlichkeitsmessung kann überprüft werden, ob jemand eher ehrlich oder so antwortet, wie es sozial erwünscht ist.

Dabei zeigte sich: je länger die Liste der verwendeten Schimpfwörter, desto ehrlicher waren die Testpersonen. Es ging hier allerdings weniger um Lügen, die das Ziel haben, andere zu verletzen oder zu diskreditieren, sondern solche Unehrlichkeiten, die einen besser dastehen lassen.

Auch eine Analyse von Flüchen in facebook-Accounts offenbarte: Menschen, die schriftlich entgleisen, zeigen ansonsten in ihren Accounts verstärkt sprachliche Merkmale, die in früheren Studien  als Zeichen von Ehrlichkeit ermittelt wurden (zum Beispiel eine häufigere Verwendung von "ich" oder "mir").

Die hier aufgezeigten Ergebnisse haben natürlich nur begrenzte Gültigkeit. Es wurde zwar ein Zusammenhang zwischen Flucherei und Ehrlichkeit festgestellt, aber niemand sollte darum einen schimpfenden und fluchenden Menschen grundsätzlich als ehrlich betrachten (ein gutes Gegenbeispiel wurde gerade zum Präsidenten gewählt).
Auch steckt die Fluchforschung allgemein noch in den Kinderschuhen und hat ohnehin ein grundsätzliches Problem: wer flucht schon, so wie er es normalerweise tut, wenn er von Wissenschaftler_innen beobachtet wird? Vielleicht sind Fluchende auch nicht wirklich ehrlich, sondern einfach nur unbegabte Lügner?
Dennoch kann festgehalten werden, dass ungefilterte Emotionen etwas echtes haben und dass der Mensch, der sie raus lässt, nicht unbedingt ein Meister der Verstellung ist.

Künftig wollen die Forscher_innen noch bessere Methoden finden, um den Zusammenhang zwischen Ehrlichkeit und Fluchneigung zu untermauern.

Die Ergebnisse der Studie sind im Fachjournal  Social Psychological and Personality Science  erschienen.

Quelle:

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 20. Januar 2017