The Hunger - Die letzte Reise

Autorin: Alma Katsu

Ein düsteres Cover, ein mysteriöser leicht schaurig klingender Titel eines Romans, der auf wahren Begebenheiten beruht und nur hier und dort durch übersinnliche Elemente ergänzt wurde? Ich war neugierig und freute mich über die Chance das Buch lesen zu dürfen, um mir selbst eine Meinung zu bilden und das zu einem Buch, das ich mit Sicherheit nicht als erstes aus dem Regal im Buchladen meines Vertrauens herausgenommen hätte. Ein Buch mit einer ungeheuren Geschichte: In den USA im Jahre 1846 beginnen 90 Menschen ihre Reise in den goldenen Westen, nach Kalifornien. Ein Siedlertreck aus Männern, Frauen und Kindern, die sogenannte „Donner Party“ bricht zusammen in eine ungewisse Zukunft auf und sie merken schon bald, dass sie sich bezüglich Dauer und Wetterlage der Reise deutlich verschätzt haben. Eingeschneit hoch oben in den Bergen werden die Lebensmittel schneller knapp als es ihnen lieb ist. Doch nicht nur das – etwas folgt ihnen und es hat großen Hunger…

„The Hunger – Die letzte Reise“ von der Amerikanerin Alma Katsu ist ein historischer Roman mit vielen paranormalen Einflüssen, die jedoch im Buch nicht überhandnehmen, so dass man das Buch auch als eher zartbesaiteter Roman-Liebhaber lesen kann. Die Autorin hat viele Jahre als Senior Intelligence Analyst für verschiedene US-Bundesbehörden gearbeitet und ist neben ihrem Autorendasein auch immer noch als politische Beraterin tätig. In diesen historischen Roman hat Katsu viel Arbeit gesteckt, vor allem die Recherche muss detailliert ausgefallen sein, denn nicht nur die Atmosphäre scheint der Geschichte zu entsprechen. Die Autorin versteht sich ebenfalls darin die damals vorhandenen und oft, aus heutiger Sicht, sehr verwerfliche Geisteshaltungen – vor allem gegenüber Ureinwohnern und deren Kultur – historisch korrekt darzustellen.

Kritisch zu betrachten ist das ungenutzte Potential der Geschichte, das gewiss zu einem echten Schauerroman gereicht hätte, wenn die Autorin nicht allzu stiefmütterlich mit den „Horror“-Sequenzen ihres Romans umgegangen wäre. Eine Gruppe, die sich immer mehr auftrennt, einer Kreatur mitten in der Wildnis ausgeliefert, die sich nach und nach verschiedene Menschen holt, um ihren Hunger zu stillen. Nach dem Lesen der Inhaltangabe und auch nach der ersten Hälfte des Buches hoffte ich auf eine spannende, furchteinflößende Geschichte, die eine bedrohliche Atmosphäre fast durchgehend aufrechterhalten können würde. Leider schafft es das Buch nur an wenigen Stellen so eine Stimmung aufzubauen und zu erhalten, und sich nicht wie so oft in Beziehungsgeschichten oder erotischen Fantasien zu verlieren. Der Hintergrund des Wesens, der gruseligen Kreatur, wird auch nur unzureichend beschrieben und lässt den Leser am Ende etwas ratlos zurück. Eventuell hätte die Autorin dann lieber ganz auf die „Thrill“-Momente verzichten sollen, da die Lage der Donner Party auch ohne sie schon dramatisch genug ist.

Positiv anzumerken ist meiner Meinung nach jedoch die Charakterinszenierung sowie die Nacherzählung der Geschichte der Donner Party, einer Gruppe von Menschen, die sich zusammen auf eine mühsame Reise Richtung Westen begibt. Sie quälen sich Schritt für Schritt durch verschiedenste Wetterlagen, hungern sich fast zu Tode und werden nicht nur von einer unbekannten Kreatur, sondern auch von ihrer Vergangenheit heimgesucht. Besonders Tamsen Donner hat es mir angetan, obwohl sie nicht gerade einer der sympathischsten Personen ist, versteht man doch ihre Handlungsschritte. Man ist neugierig mehr über ihren wahren Charakter zu erfahren, statt nur ihre äußere reizvolle Hülle anzuschmachten, wie es vielleicht viele der Männer und neidischen Frauen formuliert hätten. In der Geschichte fungiert sie als attraktive Frau, die als Hexe verschrien und allgemein sehr undurchsichtig ist, und nicht nur einem Mann den Kopf verdreht hat. Sie erzählt einen wesentlichen Teil des Romans und offenbart viele Teile ihrer eigenen Vergangenheit.

Trotz all der erwähnten Kritikpunkte ist „The Hunger“ immer noch ein empfehlenswertes Buch, das unterhält und einen Teil der amerikanischen Historie fiktional aufbereitet. Ein durchaus faszinierendes Buch, basierend auf einer ohnehin schon interessanten Geschichte. Schließ deine Fenster oder sei gefasst darauf, dass schon mit dem nächsten Windhauch der Staub der Prärie in dein Schlafzimmer geweht wird und es kräftig zieht… Eine in weiten Teilen gelungene Mischung aus historischem Drama und Schauermomenten!

*Erschienen bei Heyne*

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    Autorin / Autor: AnkaLisa - Stand: 21. Januar 2019