That's Not My Name

Autorin: Megan Lally
Übersetzerin: Stefanie Frida Lemke

Eine junge Frau kommt im Straßengraben zu sich, ihr Körper voller Schürfwunden, ihre Kleidung nass und dreckig. Erinnern kann sie sich an nichts. Weder an ihren Namen oder ihren Wohnort, noch daran, was mit ihr passiert ist. Auf der nächsten Polizeistation angekommen, geht ein junger Polizist mit ihr die aktuellen Vermisstenanzeigen durch, doch keiner scheint nach ihr zu suchen. Nur wenige Stunden später erscheint ein Mann auf der Polizeiwache und ist mehr als erleichtert, als er endlich seine Tochter Mary in der jungen Frau erkennt, die zuvor wohl einen Autounfall hatte. Mary klammert sich an diese Informationen – ihr Name ist Mary, und ihr Vater hat sie abgeholt – und geht mit dem für sie fremden Mann nach Hause. Er kümmert sich liebevoll um sie, umsorgt sie und gibt ihr Zeit, sich zu erholen. Doch es passieren auch seltsame Dinge: Warum gibt er ihr Dinge zu essen, auf die sie allergisch reagiert? Und warum kauft er ihr Kleidung in der ganz falschen Größe?

Zur gleichen Zeit lernen wir Drew kennen, der verzweifelt nach seiner verschwundenen Freundin Lola sucht. In seiner Kleinstadt sind sich alle sicher, dass er etwas mit ihrem Verschwinden zu tun hat – typisches Teenie-Drama eben – doch Drew gibt nicht auf und sucht wie ein Besessener nach Lola. Denn nur er weiß, dass er unschuldig ist, und dass Lola noch irgendwo da draußen ist. Entweder freiwillig, oder unfreiwillig, und Drew wird nicht aufgeben, bis er sie gefunden hat.
Megan Lally beschreibt rund um Drew eine eingeschworene Gemeinschaft in einer Kleinstadt, in der jeder jeden kennt, in der man sich zufällig trifft und vertraut – eigentlich. Die Geschichte rund um Mary und ihren Vater steht in einem deutlichen Kontrast dazu, denn sie ist für Mary wie auch für den Leser oder die Leserin von Unsicherheit und Unwissen dominiert. Dieses Wechselbad der Gefühle hat das Leseerlebnis von „That’s not my name“ für mich geprägt.
Bis zum Schluss wissen wir nicht genau, wie oder ob die Geschichten von Drew und Mary zusammenhängen. Das hat den Roman für mich bis zum Ende spannend gemacht und mich nur so durch die Kapitel fliegen lassen.

Die Charaktere und besonders ihre zwischenmenschlichen Beziehungen sind sehr fein gezeichnet. Rund um Drew, der sich vor allem um Lola sorgt, gibt es auch noch Lolas beste Freundin, Drews Cousin, und Drews Eltern. Drews Familie macht sich vor allem Gedanken um Drew selbst, der von der Gemeinschaft vorverurteilt wurde und sich mit seinem Verhalten seit Lolas Verschwinden immer wieder verdächtig macht. Lolas beste Freundin steht zwischen den Stühlen. Einerseits kennt sie Drew gut, und kann sich eigentlich nicht vorstellen, dass er etwas mit dem Verschwinden ihrer besten Freundin zu tun hat, doch andererseits – was soll sonst passiert sein? Diese Zerrissenheit, und auch die Veränderungen in den sozialen Gefügen fängt Lally sehr gut ein, was der Geschichte einen besonderen Reiz verleiht.

Insgesamt würde ich „That’s not my name“ auf jeden Fall weiterempfehlen, da es Spannung und Nervenkitzel bietet, ohne zu brutal oder blutig zu werden.


Erschienen bei Carlsen

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Autorin / Autor: lacrima - Stand: 3. Juli 2025