Boys don't cry!?

Studie: Wie Bilderbücher geschlechtsspezifische Vorstellungen von Schmerz vermitteln

Egal ob aufgeschürfte Ellbogen, Brandblasen oder geprellte Knie – schon kleine Kinder lernen: Schmerzen gehören zum Alltag. Aber wie lernen sie etwas über Schmerzen und was wird ihnen dazu vermittelt? Laut einer neuen Studie werden schon in Bilderbüchern elementare Schlüsselszenen vermittelt.

Die Studie der University of South Australia analysierte darum Hunderte beliebter Kinderbilderbücher und fand dabei heraus, dass Schmerzen und Verletzungen in etwa jeder fünften Geschichte vorkommen, wobei Beulen, Schürfwunden oder Stürze die am häufigsten vorkommenden Auslöser waren. Die Art und Weise, wie Schmerzen und der Umgang damit dargestellt wurde, unterschied sich jedoch erheblich zwischen männlichen und weiblichen Figuren und förderte dabei ziemlich veraltete Geschlechterstereotype zutage.
So erlebten Jungen nicht nur häufiger Schmerzen (53 %) als Mädchen (29 %), sondern Mädchen weinten auch häufiger (78 %) als Jungen (22 %), wenn sie Schmerzen hatten.

Wenn Figuren anderen halfen, neigten Jungen dazu, Ratschläge zu geben oder Probleme zu lösen, während Mädchen eher Trost und Unterstützung spendeten, was das Vorurteil verstärkte, Mädchen seien fürsorglich und Jungen eher praktisch.

Interessanterweise ergab die Studie auch, dass prosoziales Verhalten, wie z. B. anderen zu helfen oder sie zu trösten, wenn sie verletzt waren, überraschend selten vorkam. Wenn Hilfe geleistet wurde, handelte es sich häufiger um körperliche Hilfe als um emotionale Unterstützung. Darüber hinaus gab es mehr passive Zuschauer:innen, die beobachteten, dass andere Schmerzen hatten (60 %), als Figuren, die darauf reagierten (28 %).

Jungen geben Ratschläge, Mädchen spenden Trost

Dr. Sarah Wallwork, leitende Forscherin des Projekts, erklärte, dass Bilderbücher Kindern zwar tolle Möglichkeiten bieten, etwas über die Welt zu lernen, aber auch einschränkend sein könnten, wenn sie wenig hilfreiche Botschaften über Schmerzen, einschließlich geschlechtsspezifischer Stereotypen, vermittelten: „Gemeinsames Lesen bietet kleinen Kindern wichtige Gelegenheiten, die Welt zu verstehen, einschließlich dessen, was zu tun ist, wenn man verletzt ist oder Schmerzen hat, oder Empathie zu entwickeln und Hilfe zu leisten, wenn jemand anderes verletzt ist. Wenn Bilderbücher Jungen zeigen, die Verletzungen abtun, oder Mädchen, die sich um andere kümmern, laufen wir Gefahr, engstirnige soziale Vorurteile über Empathie, Belastbarkeit und Fürsorge zu verstärken."

Kinder würden das, was sie sehen verinnerlichen. Wenn Jungen als unerschütterlich dargestellt würden, könne dies dazu führen, dass sie ihre Schmerzen verbergen, mit der Folge einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit im späteren Leben. Würden Mädchen hingegen durchweg als fürsorglich dargestellt, verstärkte dies die Erwartung, dass Empathie und Fürsorge ‚weibliche‘ Eigenschaften seien.

Dur-E-Nayab Mehar, Mitforscherin und Doktorandin ist aber zuversichtlich, dass Eltern und Erzieher:innen diese Botschaften durch gemeinsames Lesen hinterfragen können. Man müsse sich dieser Erzählungen bewusst werden und mit Kindern sinnvolle Gespräche über Empathie, Fürsorge und den Umgang mit anderen führen, wenn sie verletzt sind oder Schmerzen haben. Kinder müssten lernen, dass es in Ordnung ist, Schmerzen zu empfinden, ihre Gefühle auf gesunde Weise auszudrücken und sich rücksichtsvoll, freundlich und praktisch um andere zu kümmern und auf sie einzugehen, egal welches Geschlecht sie haben.

„Vielleicht tragen die Geschichten, die wir Kindern erzählen, dann dazu bei, Mitgefühl und Empathie zu fördern – indem Schmerzen anerkannt werden, Unterstützung gegeben wird und Kinder die Fähigkeit entwickeln, anderen diese Unterstützung zu bieten.“

Quelle

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 19. November 2025