Stell's dir nett vor!
Wenn wir mit einer positiven Erwartung an eine Begegnung herangehen, finden wir unser Gegenüber auch sympathischer
Das Mantra, immer positiv zu denken, kann nerven, vor allem wenn es einem nicht so leichtfällt, immer nur optimistisch in die Zukunft zu blicken. Aber es hat in vielen Lebensbereichen messbar positive Auswirkungen, wie wissenschaftliche Studien immer wieder belegen. Eine aktuelle Studie zeigt nun, dass allein die Vorstellung einer positiven Begegnung mit jemandem dazu führen kann, dass man diese Person sympathischer findet. Sie verändert außerdem, wie Informationen über diese Person im Gehirn gespeichert werden. Die Studie liefert einige der bislang überzeugendsten Belege dafür, dass lebhafte Vorstellungen konkrete Auswirkungen auf das Nervensystem und das Verhalten haben können.
Tatsächlich weiß man aus der Forschung, dass beim Erinnern und beim Vorstellen dieselben Bereiche des Gehirns aktiv werden. „Wenn Gedächtnis und Vorstellungskraft so ähnlich sind, dann sollten Menschen theoretisch in der Lage sein, aus rein imaginären Ereignissen zu lernen“, sagt leitender Autor Roland Benoit, Professor für Psychologie und Neurowissenschaften an der CU Boulder. Das wollten die Forschenden in ihrer Studie nun konkret testen.
Im Mittelpunkt der Experimente mit insgesamt 50 Testpersonen stand der „Belohnungsvorhersagefehler“. Dieser besagt, dass Dinge uns besonders beeinflussen, wenn es sie uns positiv überraschen. Geraten wir also z.B. in eine Situation, die auf einmal viel interessanter und toller ist, als wir erwartet hatten, dann schüttet das Gehirn eine Portion des Neurotransmitters Dopamin aus, um zu signalisieren, dass uns diese Begegnung unerwarteterweise gefällt. Je überraschender diese positive Erfahrung ist, desto größer ist dieser „Vorhersagefehler” und desto mehr neuronale Verbindungen baut unser Gehirn auf. Die Forscher:innen wollten nun herausfinden, ob diese Veränderung im Gehirn auch dann passiert, wenn der Vorhersagefehler nur gedanklich stattfindet.
Die Testpersonen sollten also erstmal 30 ihnen bekannte Personen aufzulisten und sie nach ihrer Beliebtheit ordnen. Dann sollten sie sich acht Sekunden lang vorstellen, mit Personen, die sie in ihrer Liste eher als neutral eingestuft hatten, eine angenehme Erfahrung zu machen (z. B. Eis essen an einem heißen Tag) oder eher ein schlechtes Erlebnis mit ihnen zu erleben (verliehenes Fahrrad kaputt zurückbekommen). Dabei wurde jeweils geguckt, welche Regionen im Gehirn dabei aktiv werden. In einem anschließenden Test wurden sie gefragt, welche der Personen sie aus ihrer Liste mochten. Dabei wurde deutlich, dass sie nun eine Vorliebe für die entwickelt hatten, mit denen sie eine erdachte positive Begegnung hatten.
„Das deutet darauf hin, dass Vorstellungskraft nicht passiv ist“, sagt Erstautorin Aroma Dabas, die die Studie als Doktorandin am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften durchgeführt hat. „Vielmehr kann sie aktiv beeinflussen, was wir erwarten und wie wir Entscheidungen treffen.“
Ob ihr nun in eurer Ausbildung eine Gruppenarbeit mit Leuten machen müsst, die ihr eigentlich nicht mögt, oder auf eine Begegnung oder ein Treffen mit anderen überhaupt keine Lust habt: versucht einfach mal, euch vorbereitend vorzustellen, dass es total nett und lustig wird. Möglicherweise wird sich diese Vorstellung dann auch in der Realität bewahrheiten.
Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 18. Dezember 2025