Städtische Musikvielfalt
Studie zeigt: Menschen in Großstädten hören vielfältiger und individueller Musik
Von Paris über Berlin bis São Paulo: Ein internationales Forschungsteam ist der Frage nachgegangen, wie der städtische Alltag unsere Musikauswahl prägt. Hierzu analysierten die Forscher:innen die Hörgewohnheiten von 2,5 Millionen Menschen in Frankreich, Brasilien sowie Deutschland. Sie fanden heraus, dass die Musikauswahl von Städter:innen vielfältiger und individueller ist als die der Landbevölkerung.
Zunächst untersuchte das Team, wie ähnlich sich die Lieder waren, die von Menschen in derselben Region gehört wurden. Die Auswertung von insgesamt 250 Millionen Hörprotokollen ergab in allen drei Ländern: Je größer die Stadt war, desto individueller war die Musikauswahl. In Großstädten teilten Menschen weniger musikalische Vorlieben mit ihren Nachbarn als in ländlicheren Regionen. Gleichzeitig erweiterte sich mit der Stadtgröße auch der persönliche „Hörradius“ – Nutzer:innen hörten ein breiteres Spektrum von Genres und Künstler:innen.
Der persönliche Hörradius veränderte sich zudem über die Altersspanne hinweg: In der Jugend nahm die Vielfalt der gehörten Musik rasch zu, erreichte mit Ende 20 ihren Höhepunkt und nahm danach langsam wieder ab:
„Mit Anfang 20 ziehen Menschen üblicherweise von zu Hause aus, lernen an der Universität oder am Arbeitsplatz neue Kreise kennen und haben sowohl die Zeit als auch die Lust zu experimentieren“, erklärt Erstautor Harin Lee vom MPIEA. „Aber auch mit über 30 Jahren bleiben wir offen für neue Musik – wir treffen nur zunehmend eine Auswahl.“
Städte fördern Vielfalt
Auch nach Berücksichtigung von Faktoren wie Alter, Einkommen, Erziehung und sozialen Kontakten zeigte sich, dass ein eigenständiger Effekt des Stadtlebens auf die musikalische Vielfalt bestehen bleibt. Dies deutet darauf hin, dass die Erfahrungen und Interaktionen, die man in der Stadt macht, selbst eine Rolle spielen und Entdeckungsfreude sowie Vielfalt fördern. Die Forscher:innen finden, dass die Ergebnisse auch die Kulturpolitik auf den Plan rufen sollte, denn die geringere musikalische Diversität könnte auch daran liegen, dass es in ländlicheren Gebieten einen Mangel an entsprechenden Angeboten gibt. „Daher könnten sich Investitionen in Veranstaltungsorte und Kunstausbildung außerhalb der Ballungszentren auszahlen“, schlussfolgert Lee.
An dem Projekt waren Expert:innen aus Deutschland, Frankreich und den Vereinigten Staaten beteiligt, darunter Forscher:innen des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPICBS) in Leipzig, Deezer Research in Paris und der Cornell University in Ithaca, New York.
Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.
Quelle
Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 27. Juni 2025