Was macht eine Sounddesignerin beim Film?

Almut Schwacke ist Sounddesignerin für Film und Fernsehen und erzählt über ihren Beruf, der auch gleichzeitig ihre Leidenschaft ist. Sie ist im Vorstand der Berufsvereinigung Filmton e.V. (bvft)

Wie bist du dazu gekommen, Sounddesignerin beim Film zu werden?

Ich wusste schon als Jugendliche, dass ich was mit Ton – damals war es noch Musik - machen möchte und wollte unbedingt Tonmeisterin studieren an der Universität der Künste in Berlin, was ja eher eine musikalische Ausbildung ist. Damals hatte ich noch gar nichts mit Film zu tun, weil ich aus einem kleinen Dorf in der Eifel komme und man dort nicht ins Kino gehen konnte. Mit Kino hatte ich erst sehr spät Kontakt und ferngesehen wurde in unserer Familie nur sehr wenig, dadurch habe ich mich mit Bild erst sehr spät beschäftigt. Jedenfalls bin ich dann nach Berlin gegangen mit 19 und hab da angefangen Tonmeisterin zu studieren. Nach einer Weile hab ich gemerkt, dass Musik alleine mir nicht reicht. Erst zufällig bin ich nach dem Studium in die Fernseh-Ecke reingerutscht, und das wurde dann nach und nach immer mehr.  Ich hab damals auch die ersten Erfahrungen mit Sounddesign beim Hörspiel gemacht und dafür die ersten Klangkompositionen produziert und fand das sehr sehr spannend. Dann bin doch zum Film gekommen und dabei begeistert geblieben.

Welche Interessen und Fähigkeiten sollte man deiner Meinung nach haben, um an diesem Beruf Spaß zu haben?

Man braucht schon gute Ohren, man muss aufmerksam hören können, Kreativität ist auf jeden Fall gefragt. Es ist schon so, dass sehr viele in der Branche, die ich kenne, sehr musikalisch sind und einen sehr starken Bezug zur Musik haben. Das kommt nicht von ungefähr, denn „Sounddesign“ kann man ja auch als Klangkomposition verstehen. Man braucht auch ein Gefühl für Dramaturgie und Feinheiten, ähnlich wie das in der Musik der Fall ist, also es hilft auf jeden Fall, wenn man musikalisch ist.

Muss man Technikfreak sein?

Nein, da gibt es ganz unterschiedliche Zugänge. Aber ein bisschen technikaffin muss man schon sein, weil man ja gerade beim Film, nicht so für sich allein arbeitet, sondern viel hin und her tauscht mit anderen Abteilungen. Da muss man sich an gewisse Standards halten und auch immer auf dem aktuellen Stand der Soft- und Hardware bleiben, eben wie in vielen Berufen heute.

Wie sieht ein typischer Tagesablauf von dir aus? Sitzt du den ganzen Tag vorm Rechner?

Man sitzt schon viel vor dem Rechner. Ich habe das Glück, dass ich immer wieder auch Geräusche als Geräuschemacherin selber mache und mich dabei dann bewege. Eine Settonmeisterin hingegen sitzt so gut wie gar nicht am Computer, sondern steht am Set und nimmt die ganzen Sachen am Set auf. Die einen sind halt beim Dreh des Films dabei und die anderen machen die Postproduktion. Die beim Dreh des Films zeichnen alles auf und müssen auch mehr mit allen kommunizieren. Sounddesignerinnen machen eher die Postproduktion und sitzen eher vor dem Computer.

Einen typischen Tagesablauf gibt es nicht wirklich, ich arbeite mal in meinem Studio, mal vor Ort bei Postproduktionshäusern oder anderen Studios. Wenn ich Sounddesign oder Tonschnitt mache, sitze ich quasi den ganzen Tag am Computer und suche, finde und verfremde Sounds, bis ich Hunger habe und dann wieder weiter bis abends. Als Geräuschemacherin hingegen sitze ich in einem Aufnahmeraum voller Regale und Kisten, warte darauf, dass mir die richtige Stelle Bild eingespielt wird und scharre dann dazu passend mit den Füßen, raschle mit Klamotten und zweckentfremde irgendwelche Gegenstände, um Geräusche passend zum Bild zu erzeugen.

Was magst du an deinem Beruf, was gar nicht?

Also ich mag es sehr, dass man oft sehr viele Möglichkeiten hat, den Sound zu gestalten. Man kann eine Szene aus einem Film ganz unterschiedlich angehen, je nachdem was man erreichen will. Auch, wenn man schon weiß, was man erreichen will, kann man trotzdem noch viele unterschiedliche Wege wählen, und man kann viel ausprobieren. Nicht so schön ist, dass leider oft die Zeit fehlt. Die Postproduktion, also die Nachbearbeitung des Films ist das letzte, was gemacht wird. Da fehlt dann oft die Zeit, weil oft bis zuletzt am Bild gefeilt wird, so dass am Ende die Zeit für den Ton recht knapp bemessen ist. Manchmal muss man dann auch in die Nachtschicht. Im Großen und Ganzen kann man schon sagen, dass der Sound in seiner Bedeutung oft noch unterschätzt wird. Es gibt immer wieder den Tipp von großen Regisseuren, den Ton doch möglichst früh in die Planung mit einzubeziehen. Aber das passiert auch aus finanziellen Gründen zu selten.

Arbeitest du eher mit Männern oder mehr mit Frauen im Team?

Meistens doch fast nur mit Männern. Ich bin seit Kurzem im Vorstand der Berufsvereinigung Filmton und hab mir neulich die Mitgliederliste angeschaut und mich doch ziemlich gewundert, dass davon nicht einmal zehn Prozent weiblich sind.

Warum gibt es so wenige Frauen, die Sounddesignerin sind?

Das versteh ich auch nicht ganz. Es gibt keinen Grund, warum es ein „Männerberuf“ sein sollte. Die üblichen Klischees werden dort nicht mal bedient, man muss nicht „bärenstark“ sein; kreativ sein ist wichtig, und ohne Technik läuft ja heute gar nichts mehr. Vielleicht gibt es da noch Vorurteile, dass das nur Jungs machen, die früher auch mit ihren Kassetten, Technik und Sounds herumgebastelt haben… was ich im Übrigen auch gemacht habe :-)

Wie lang dauert ungefähr eine Filmvertonung?

Das ist sehr schwer zu sagen, das hängt sehr stark vom Film ab. Man muss sich jeden Film vorher angucken, und dann gibt es in der Regel einen Soundsupervisor, das ist der Mensch der für den ganzen Tonbereich die Planung macht und sich überlegt, wie viel Zeit für jedes Gewerk (Dialogschnitt, Foleys - also selbst gemachte Geräusche -, Sounddesign, Mischung) ungefähr benötigt wird und das dann mit der Postproduktionsfirma verhandelt. Das ist schon extrem unterschiedlich je nachdem was in dem Film passiert und unter welchen Bedingungen der Film gedreht wurde. Es gibt Filme, die müssen fast komplett nochmal synchronisiert werden, weil der Ton kaum zu verwenden ist. Es gibt aber auch Filme, da passiert einfach sehr wenig auf der Geräuschebene, und andere Filme sind sehr sehr aufwändig. Bei Cloud Atlas beispielsweise, einem durch die verschiedenen Epochen in der Story (auch mit Scifi-Elementen in der Zukunft) und die Actionlastigkeit sehr aufwändigen Film, war der Soundsupervisor neun Monate durchgehend beschäftigt, der Sounddesigner ein halbes Jahr, und dazu kamen noch einige Arbeitsmonate von Geräuschemacher, Dialog- und Foleyeditoren, Mischtonmeistern usw. Das ist allerdings absolut ungewöhnlich für Deutschland. Auf der anderen Seite gibt es (Kino-)Dokumentarfilme, bei denen es möglich ist, die komplette Tonpostproduktion in sechs Wochen fertigzustellen.

Gibt es denn Filme, bei denen nur noch die Musik dazu kommt?

Nein. Selbst beim Dokumentarfilm gibt es jemanden, der sich nochmal um den O-Ton kümmert, also darum, dass die Sprache möglichst gut zu verstehen ist, und in der Regel gibt es auch noch Geräuschemacher, die Synchrongeräusche machen und Sounddesigner, die Sound gestalten. – Ja, das wissen zu wenige und das wird auch, ohne jetzt jemandem auf den Schlips treten zu wollen, in der Regie zu wenig bedacht. Es gibt Regisseure, denen man tatsächlich hinterher die selbst gemachten Geräusche als Originalton verkaufen kann…

Wie macht ihr Sound oder woher nehmt ihr den?

Naja, das ist immer eine Mischung. Es gibt Sounddatenbänke, die man käuflich erwerben kann. Da gibt es dann welche zu unterschiedlichen Mottos, also es gibt zum Beispiel welche, auf denen nur Flugzeuge und Hubschrauber zu hören sind, und andere, auf denen querfeldein alles, was man sich nur vorstellen kann, drauf ist. Daraus bedient man sich. Wenn die Zeit da ist, dann versuchen, glaub ich, alle Sounddesigner auch selber Geräusche und Atmos aufzunehmen. Es kommt drauf an, worum es geht, also wenn der Film in Vietnam spielt, kann man nicht zu Hause in Berlin vor die Haustür gehen und eine Atmo einfangen. Aber wenn es möglich ist, machen das eigentlich alle, denn wenn man viel mit den Daten aus den Datenbanken arbeitet, dann erkennt man auch einige davon irgendwann wieder. Normale Zuschauer werden das wahrscheinlich nicht bemerken, aber das gehört auch zur Berufsehre, möglichst viel selbst zu machen. Geräusche, die aus der Datenbank schwer einzupassen sind, macht dann die Geräuschemacherin/der Geräuschemacher. Zum Beispiel Schritte: es geht einfach viel schneller und passt viel besser, wenn ein Mensch das zum Bild macht, weil er dann gleich den richtigen Rhythmus hat und auch den Charakter noch mitspielen kann. Diese Geräusche heißen auch „Foleys“. Dazu gehören alle Dinge, die angefasst und bewegt werden: Schritte, Kleidung, Gläser, die auf den Tisch gestellt werden und so weiter.

Welche Rolle spielt Geld in deinem Beruf- ist man angestellt oder eher freiberuflich?

Die meisten, die ich kenne, sind freiberuflich unterwegs. Es kommt auch darauf an, wo man sich in Deutschland befindet, aber es gibt schon viele, die in dem Beruf arbeiten und auch viele gute Leute. Aber es ist nicht immer einfach über die Runden zu kommen, aber man verdient schon nicht schlecht, wenn man an den richtigen Projekten arbeitet. Die muss man dann aber auch erstmal bekommen: Können alleine hilft da nicht, Kontakte sind sehr wichtig: man kennt jemanden und der hat gerade keine Zeit, oder der Soundsupervisor fragt einen, wenn er gut mit einem zusammen arbeiten kann.

In welchen Branchen kann man noch als Sounddesignerin arbeiten?

In der Hörspielproduktion und in der Computerspieleindustrie. Hörspiele werden allerdings im Vergleich mit Filmen und Spielen nicht ganz so gut bezahlt. Die Spielebranche hat sicherlich eine gute Zukunft, sie wächst eher als dass sie kleiner wird, und der Bedarf an guten SounddesignerInnen wächst mit!

Woran arbeitest du aktuell?

An mehreren kleinen Sachen. Zum einen mach ich die Foleys, also die selbstgemachten Geräusche, für mehrere Kinderkanalkurzfilme und für den neuen Animations-Kurzfilm von Gregor Dashuber.

  • Die Fragen stellte Eva-Maria Marx, Medienpädagogin, die für das Internationale Frauenfilmfestival Dortmund | Köln Workshops zur Berufsorientierung organisiert. In diesem Jahr (2013) geht es dabei um den Ton im Film. Almut Schwacke ist als Dozentin dabei und übt praktisch mit den Teilnehmerinnen in einem richtigen Tonstudio, den RuhrSoundStudios in Dortmund.
Autorin / Autor: Eva-Maria Marx - Stand: April 2013