Popcorn neutralisiert Kino-Werbung

Studie: Ist der Mund voll, muss die Werbebotschaft draußen bleiben

Worum ging’s da gerade eigentlich? Ach, egal! Geht es dir auch manchmal so, dass du im Kino so sehr auf dein Popcorn fixiert bist, dass du nichts mehr auf der Leinwand mitbekommst? Wie ein Forscherteam jetzt herausgefunden hat, sind Popcorn-Esser im Kino quasi immun gegen Werbebotschaften. Denn wer den Mund voll hat, kann unbekannte Produktnamen nicht mehr unbewusst lautlos nachsprechen – und sich diese dadurch auch nicht gut merken.

Im Experiment luden die ForscherInnen um Sascha Topolinski von der Universität Köln die Testpersonen in eine Kinovorstellung ein. Wie im Kino üblich zeigten sie vor dem Hauptfilm einen Werbeblock. Sie zeigten echte Werbespots von Produkten, die den Testpersonen allerdings unbekannt waren, zum Beispiel für die skandinavische Buttermarke LURPAK. Während die eine Hälfte der TeilnehmerInnen während der Werbefilme Popcorn verzehren durfte, das die Sprechmuskeln dauerhaft durch Kauen und Schlucken ablenkt, bekam eine Vergleichsgruppe nur ein Stück Zucker, das sich nach einer Minute bereits im Mund aufgelöst hat, so dass der Mund wieder frei mitflüstern könnte.

Eine Woche später luden die ForscherInnen die Testpersonen ins Labor und zeigten ihnen Bilder der im Kino beworbenen Produkte und Fotos von ganz neuen bisher unbekannten Produkten. Die Probanden sollten für jedes Produkt angeben, wie sehr sie es mochten. Zusätzlich wurden ihre physiologischen Reaktionen gemessen. Die Teilnehmer, die nur kurz Zucker gelutscht hatten, mochten die beworbenen Produkte mehr als unbekannte Produkte, und ihre physiologischen Reaktionen zeigten eine positive Vertrautheit mit den beworbenen Produkten. Die Teilnehmer aber, die Popcorn gegessen hatten, mochten beworbene und neue Produkte gleich stark, und  zeigten auch keine besondere physiologische Reaktion auf beworbene Produkte. Sie waren durch das Popcorn essen immun geworden gegen die Werbung.

In einer weiteren Studie untersuchte die Forschergruppe dann auch reale Kaufentscheidungen. Nach derselben Kino-Prozedur mit Popcorn-Knabbern oder nur Zucker-Lutschen wurden die Teilnehmer eine Woche später in eine Kaufsituation geführt, in der sie ein Taschengeld bekamen und damit eine Handseife kaufen und für eine Wohltätigkeitsorganisation spenden sollten. Die Probanden hatten die Wahl zwischen sechs verschiedenen Handseifen ausländischer Marken und zwischen sechs verschiedenen Organisationen mit erfundenen Phantasienamen. Die Hälfte dieser Marken und Namen war eine Woche vorher im Kino beworben worden. Teilnehmer, deren Mund bei der Werbung im Kino unbeschäftigt gewesen war, kauften eher die beworbene Handseife und spendeten eher für eine beworbene Organisation, bei ihnen zeigte die Werbung also einen klaren Effekt. Teilnehmer, die aber während der Kinowerbung geknabbert hatten, zeigten diesen Effekt nicht.

Es ist bekannt, dass die Wiedererkennung von Produkten von wiederholbaren Namen abhängt. Wenn wir Namen von Personen oder Produkten wahrnehmen, bilden die Muskeln in Lippe und Zunge automatisch die Aussprache dieser Namen nach, ohne dass wir tatsächlich den Mund bewegen. Das Gehirn trainiert also unbewusst das Sprechen dieser Namen. Begegnen wir dann diesen Namen erneut, gelingt diese unbewusste Sprechsimulation leichter. Wir mögen wiederholte Namen mehr als neue. Wird diese Aussprechsimulation aber gestört, beispielweise durch Kaugummikauen, kann die Artikulation nicht trainiert werden. Die (mentalen) Wiederholungen sind gleichbleibend schwierig.

Im Kinosaal findet genau so eine Störung des Mitsprechens statt. Und zwar dann, wenn wir Werbung ansehen und dabei Popcorn oder andere Snacks konsumieren. Unser Mund ist dann mit anderen Dingen beschäftigt, als die präsentierten Marken mitzuflüstern.

„Werbung für neue Produkte könnte für snackendes Kinopublikum also zwecklos sein“, folgern die Autoren in ihrem Artikel.

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 15. Oktober 2013