Unbewusste Störung

Studie: Handygespräche im Hintergrund vermindern die Aufmerksamkeit und Gedächtnisleistung

Ob Handy oder Smartphone – fast jeder Erwachsene hat inzwischen ein Mobiltelefon. Ständig begegnet einem jemand, der gerade telefoniert. Und die meisten von euch werden auch das Problem kennen, wenn in der Bahn jemand anfängt, in sein Handy zu quasseln: Ob man will oder nicht, wird man hineingezogen in das halbseitige Gespräch. Nervig, wenn man selbst die Bahnfahrt eigentlich zum Lernen oder Lesen nutzen wollte.
Eine Studie von Wissenschaftlern der University of San Diego hat jetzt bestätigt, dass wir unbewusst mehr zuhören und daher stärker abgelenkt werden, wenn jemand telefoniert als wenn sich zwei Personen unterhalten.

*Einseitige Ablenkung*
Die Forschergruppe um Veronica Galván wollte anhand einer realistischen Situation herausfinden, wie sehr jemand durch das Mithören eines Handygesprächs oder eines Dialogs gestört wird. 164 Studenten wurde mitgeteilt, sie nähmen an einer Studie zum Thema Sprachverständnis teil. Dabei sollten sie eine Aufgabe bearbeiten, in der es um Anagramme („Schüttelwörter“, die durch Umstellen von Buchstaben in andere Wörter umgewandelt werden können) ging. Während sie sich mit der Aufgabe beschäftigten, führte der Versuchsleiter im Hintergrund ein kurzes Gespräch zu einem banalen Thema wie z.B. Möbelkauf oder eine Geburtstagsparty. Bei der Hälfte der Teilnehmer sprach der Forscher in sein Mobiltelefon, die andere Hälfte „belauschte“ eine Konversation zwischen ihm und einer weiteren Person. Die Probanden wussten allerdings nicht, dass dieses Hintergrundgespräch Teil der Untersuchung war. Davon erfuhren sie erst später, als sie gefragt wurden, wie sehr es sie abgelenkt hatte. Außerdem sollten sie möglichst viele Wörter wiedererkennen, die Teil des Gesprächs gewesen waren. Es stellte sich heraus, dass diejenigen, die das einseitige Telefonat mitgehört hatten, dieses deutlich stärker als Ablenkung empfunden hatten als die Gruppe mit dem Zwei-Personen-Gespräch. Zudem konnten sie sich an mehr Wörter und Inhalt des Gesprächs erinnern.

*Ist nur das Handy „schuld“?*
Galván und ihre Kollegen schließen aus den Ergebnissen, dass Handygespräche eine häufige Ursache von Ablenkung in der Arbeitsumgebung und an öffentlichen Orten sein dürften und dadurch negative Konsequenzen haben. Interessant ist allerdings, dass sich die Ergebnisse, die beide Versuchsgruppen bei der gestellten Anagramm-Aufgabe erzielten, nicht unterschieden. Zwar gaben diejenigen, die das Handygespräch belauscht hatten, eine größere Ablenkung an – aber deswegen arbeiteten sie nicht schlechter. Es gab also keine belegbare negative Auswirkung. Allerdings ist die Fähigkeit, sich trotz Ablenkung zu konzentrieren, sehr unterschiedlich ausgeprägt und Studenten dürften darin eher geübt sein. Daher wäre eine Wiederholung des Versuchs mit mehr (unterschiedlichen) Teilnehmern interessant.
Auch weiß man noch nichts darüber, ob nur Handygespräche die Mithörer so sehr ablenken oder jedes Telefonat. Möglicherweise ist es besonders störend, wenn jemand mobil telefoniert, weil die meisten Menschen dabei lauter sprechen als am Festnetztelefon. Zunächst belegt aber die Studie nur allgemein Telefonate als „Störfaktor“.

Warum hören wir aber überhaupt unbewusst verstärkt zu, wenn jemand telefoniert? „Die Untersuchung legt nahe, dass das ungewollte Belauschen von Handytelefonaten sich mit der zusätzlichen Aufmerksamkeit erklären lässt, die man braucht, um den schwer einschätzbaren Inhalt des Gesprächs zu verstehen. Nicht zu wissen, an wen das Gespräch gerichtet ist, lenkt besonders ab,“ erklärt Co-Autorin Rosa Vessel.

Mit Rücksicht auf die Mitmenschen ist es sinnvoll, nicht unbedingt in der Nähe zu telefonieren, wenn jemand gerade seine volle Konzentration braucht – zumindest nicht, wenn es sich vermeiden lässt. ;-)

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 18. März 2013