Politik per Algorithmus

Studie: junge Menschen vertrauen politischen Influencer:innen mehr als politischen Organisationen

Wer Jugendliche und junge Erwachsene mit politischen Inhalten erreichen will, kommt heute nicht mehr an TikTok und Instagram vorbei, denn die Sozialen Medien sind die zentralen Orte, wo junge Menschen sich informieren. Das zeigt die neue Studie "How to Sell Democracy Online (Fast)“ vom Berliner Think-Tank Das Progressive Zentrum in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung. Die Plattformen bieten längst nicht mehr bloß Unterhaltung, sondern sind Orte politischer Informationen, Meinungsbildung und Interessenvertretung.

News über Algorithmen gesteuert

Fast dreiviertel der jungen Menschen in Deutschland nehmen politische Informationen über Social Media auf. Danach folgen Informationen aus der Schule (60 Prozent) und Familie (58 Prozent) oder Freund:innen (54 Prozent). Klassische Medien oder Fernsehen werden dafür nur von 46 Prozent der Befragten genutzt. 38 Prozent folgen gezielt Parteien oder Politiker:innen, während die Mehrheit (60 Prozent) politischen Influencer:innen folgt. Die Hälfte der jungen Nutzer:innen gibt an, politische Inhalte häufig über den algorithmisch selektierten Feed zu sehen.

Für die meisten sind TikTok und Co. ein guter Ort, um ihre Generation zu erreichen. Etwa die Hälfte von ihnen findet die Kontaktmöglichkeiten auf Social Media gut, weil sie dort zum Beispiel Fragen stellen oder andere Ansichten hören können. Dieser Aussage steht allerdings entgegen, dass nur 17 Prozent selbst an Online-Diskussionen teilnehmen und nur jede:r Fünfte politische Beiträge liked oder kommentiert.

Eigenlob und Angriffe auf politische Gegner

Interessant ist, dass obwohl besonders junge Menschen sich ihre politischen Inhalte auf Social Media holen, die  Bedürfnisse und Perspektiven dieser Zielgruppe vergleichsweise selten in den Topthemen verteten sind. Stattdessen drehte sich mehr als jedes dritte Politikvideo auf TikTok oder Instagram im zweiten Halbjahr 2024 um die Themen Regierung und Verwaltung oder Wahlen.
Videos über Migration wurden häufiger angesehen. Welche Haltung in den Videos dabei zum Ausdruck kommt, wurde nicht erfasst. Negativ wirkte sich der Fokus auf Sozialpolitik, Umwelt und Bildung aus. Das Thema Bildung spielt auf den Plattformen selten eine Rolle, und obwohl es häufig einen Jugendbezug hat, bleibt die Reichweite eher gering.

In knapp 70 Prozent der politischen Social Media Beiträge steht eine positive Selbstdarstellung im Mittelpunkt. Ein Drittel enthält Angriffe gegen politische Gegner. Auf Instagram wird um fast 20 Prozentpunkte häufiger Eigenlob eingesetzt als auf TikTok, während dort um 15 Prozentpunkte häufiger attackiert wird. Angriffe werden im Schnitt auch rund 40 Prozent häufiger angesehen. Wobei auch gesagt werden muss, dass „Ansehen“ nicht gleichbedeutend ist mit Zustimmung. Die Befragung zeigt nämlich auch, dass junge Menschen Angriffe kritisch sehen und es ablehnen, in Kurzvideos über andere herzuziehen.

Über die Studie

Für die Studie "How to Sell Democracy Online (Fast)“  wurden von Juni bis Dezember 2024 rund 31.000 Videos auf den Social-Media-Plattformen TikTok und Instagram KI-gestützt ausgewertet. Dabei wurden 1.976 politische Accounts (inklusive politischer Behörden, Influencer:innen und verschiedener politischer Ebenen) von einem wissenschaftlichen Team der Johannes Gutenberg-Universität Mainz um Dr. Pablo Jost analysiert. Gleichzeitig basiert die Studie auf einer repräsentativen Umfrage unter 1.748 jungen Menschen zwischen 16 und 27 Jahren, die das Meinungsforschungsinstitut pollytix strategic research gmbh durchgeführt hat.

Quelle

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 24. September 2025